Auf den Spuren der alten Dame (La Doyenne).
Auf den Spuren der alten Dame (La Doyenne).

bc unterwegs: Lüttich-Bastogne-Lüttich Challenge

Lüttich-Bastogne-Lüttich zählt zu den Monumenten des Radsports. Christian, Stefan und Björn fassten die Idee, diesen Frühjahrsklassiker selbst zu fahren.

Streckenverlauf mit Anstiegen und Verpflegungsstellen.

Streckenverlauf mit Anstiegen und Verpflegungsstellen. © www.sport.be/lblcyclo/2017/fr/

La Doyenne - Das älteste noch ausgetragene Rennen

Lüttich-Bastogne-Lüttich (franz.: Liège-Bastogne-Liège) ist das älteste noch ausgetragene Eintagesrennen und gehört zu den fünf sogenannten Monumenten des Radsports. Bereits 1892 fand die erste Austragung dieses Frühjahrsklassikers statt. Daher wird dieses Rennen auch die Älteste "La Doyenne" genannt.

Bei der 2017er Challenge standen für die Hobbysportler drei Strecken zur Auswahl:

Distanz Höhenmeter
75 km 1184 m
153 km 2500 m (selber getrackt)
273 km 4400 m (selber getrackt)

Jährlich bildet dieses Rennen den Abschluss der Klassikersaison und ist das Finale der Ardennen-Woche. Mit seinen vielen giftigen Anstiegen, dem häufig schlechten Wetter und dem erforderlichen Fahrerprofil hat sich dieses Rennen lange in mein Radfahrgedächtnis eingebrannt. Die Saisonplanung im Kollegenkreis und die lokale Nähe zu den Ardennen (gerade einmal knappe 40 Minuten mit dem Auto von Aachen nach Lüttich) ließen den Plan reifen, diese Strecke einmal in Angriff zu nehmen. Christian, Stefan und ich hatten uns so für die Liège-Bastogne-Liège Challenge angemeldet, mehr oder weniger Trainingspläne geschmiedet und die notwendigen Kilometer auch schon in den Wintermonaten gesammelt.

Die gelben Pfeile weisen den Weg.

Die gelben Pfeile weisen den Weg.

Auch ein Blick ins Umland der Ardennen war lohnenswert.

Auch ein Blick ins Umland der Ardennen war lohnenswert.

Einen Tag vor dem eigentlichen Profirennen, am 22. April, war es dann so weit. Morgens um 6:30 Uhr hatten wir unsere Räder und Trikots mit den Startnummern versehen, die wasserfesten Überschuhe und unsere Regenjacken im Gepäck verstaut. Die ersten Kilometer rollten wir, wie 7.500 weitere Starter an diesem Tag, durch die Straßen von Lüttich, um diese gen Süden in Richtung Luxemburg zu verlassen.

Plaudernderweise war die erste Verpflegungsstelle schnell erreicht. Hier füllten wir zum ersten Mal unsere Vorräte auf. Etwa alle 40 – 50 km gab es auf der Strecke die Möglichkeit, die Trikottaschen, Wasserflaschen und direkt die eigenen Energiereserven wieder aufzufüllen. Bei der Gelegenheit streiften wir uns auch direkt unsere Regenbekleidung über, da es nun, wie es sich anscheinend für einen Frühjahrsklassiker gehört, heftig zu regnen begann.

Stefan und Björn auf dem Weg nach Bastogne.

Stefan und Björn auf dem Weg nach Bastogne.

Christian bezwingt die Côte de la Redoute.

Christian bezwingt die Côte de la Redoute.

Kurz nach der Verpflegung bog Christian wie geplant auf die 153 km-Runde ab, während Stefan und ich weiter in Richtung Bastogne fuhren. Im ersten Teil der Strecke, selbst noch nach dem Wendepunkt in Bastogne, ist die Route noch gut rollend absolvierbar. Die Anstiege in diesem Teil der Ardennen und auf den gefahrenen Hauptstraßen sind noch weniger bissig. Gerade in den verschiedenen Gruppen, die sich auf der Strecke immer wieder fanden, rauschten die Kilometer im Regen bei 2° C so an einem vorbei. Stefan und ich fuhren mittlerweile jeweils unser eigenes Tempo. Gerade bei derart langen Distanzen ist es folgenschwer das Tempo zu überziehen.

An der Côte de Pont bei Kilometer 175 war es dann vorbei mit Windschatten und Herumgerolle. Zumindest der Regen hörte zu diesem Zeitpunkt auf. Die Ardennen-Anstiege auf dieser Strecke begegnen einem wie verschiedene Endgegner eines Computerspiels. Alle haben sie ihren eigenen Charakter. Die Côte de la Ferme Libert erhöht mehrfach ihre Steigung und kommt an der steilsten Stelle auf 20 %. Der Rosier fuhr sich bei 5,7 %-Durchschnittssteigung noch recht angenehm, ist jedoch mit seinen 4,5 km für die Ardennen recht lang.

Das hüglige Terrain in den Ardennen.

Das hüglige Terrain in den Ardennen.

Björn an der Côte de Pont.

Björn an der Côte de Pont.

An der Côte de la Redoute standen viele Wohnwagen, die sich hier auf das Profirennen am kommenden Tag einstellten. Durch Volksmusik hindurch und über den mit Namen bemalten Asphalt kraxelte ich den legendären Anstieg empor. Am darauffolgenden Tag wird die nahe liegende Autobahn einmal wieder ganz belgisch-praktikabel kurzzeitig zum Parkplatz umfunktioniert. Auf unserer Strecke ging es nun weiter in Richtung Lüttich. Die gemein steile Côte de la Roche-aux-Faucons durch ein Wohngebiet hindurch musste noch überwunden werden, bevor es kurz vor dem Ziel durch ein von Kohle und Stahl geprägtes Industriegebiet in die Côte de Saint-Nicolas hineinging. Hier oben waren es nur noch wenige Kilometer durch Lüttich bis ins Ziel im Vorort Ans.

Das Höhenprofil der alten Dame (La Doyenne).

Das Höhenprofil der alten Dame (La Doyenne).

Christian bei seiner Ankunft in Lüttich.

Christian bei seiner Ankunft in Lüttich.

Nach 11 Stunden Fahrzeit, 273 km und 4.400 hm erreichte ich wieder die Halles des Foires. Hier stand ich stolz, kaputt, voller Euphorie und kurze Zeit später mit einem leckeren Leffe in der Hand. Stefan war bereits eine Stunde vor mir ins Ziel gekommen und auch Christian hat sich erfolgreich über die 153 km lange und mit 2.500 Höhenmetern gespickte mittlere Strecke gekämpft.

Mit dieser Fahrt habe ich mir meinen langgehegten Wunsch erfüllt, dieses Monument einmal selbst zu fahren. Mit etwas Abstand frage ich mich allerdings nun: Was kommt jetzt?