bc unterwegs: Werkstour bei ORTLIEB. Overnighte...
Andi war zu Besuch beim Fahrrad-Taschen-Spezialisten ORTLIEB in Heilsbronn. Eine Werksführung und ein Bike-Overnighter standen auf dem Programm.
Respektvoller Umgang mit der Natur ist auch beim Bikepacking selbstverständlich. Der Kodex für Abenteurer und Naturliebhaber.
Bikepacking und Microadventures boomen. Immer mehr Menschen entdecken, wie das kleine oder große Outdoor-Abenteuer mit dem Bike ihr Leben bereichert, wie die kurze Flucht aus dem Alltag neue Kraft und Zuversicht bringt. Doch egal, ob eine Nacht im Wald oder die große Tour: mehr Menschen in der Natur bedeuten auch mehr Nutzungsdruck. Damit es nicht zu Konflikten kommt und Dein Bikepacking-Abenteuer in Einklang mit der Natur verläuft, haben wir Dir die wichtigsten Tipps zu einem kleinen Kodex zusammengefasst.
Dieses Motto ist Richtschnur und Leitstern: Hinterlasse keine Spuren! Das ist hier in vielerlei Hinsicht zu verstehen. Von den Bremsspuren auf dem Trail über den Müll im Wald bis hin zu den Spuren, die Deine Begegnungen bei anderen Menschen hinterlassen. Aber: Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass jede menschliche Aktivität in der Natur Spuren hinterlässt. Dein Abenteuer hat immer einen Impact auf andere. Halte ihn so gering wie möglich.
Alles, was Du in die Natur hineinträgst, nimmst Du wieder mit heraus. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein – ist es aber bei einem Blick in den Wald leider oft nicht. Gerade vermeintlich leicht abbaubare Materialien wie Papiertaschentücher (aka „Klofahnen“) oder Bananenschalen sind in den letzten Jahren ein großes Ärgernis geworden. Beides kann über ein Jahr brauchen, bis es vollständig verrottet ist. Nimm sie also wieder mit. Am besten bedenkst Du bereits bei der Tourenplanung die Müllvermeidung und setzt z. B. auf Mehrweg- statt auf Einwegverpackungen. Wenn Du willst, kannst Du übrigens sehr leicht noch mehr tun. Wer bei jedem Overnighter ein bisschen fremden Müll mit nach Hause nimmt, tut etwas für Natur und Karma. Tipp: Ein wasserdichter Packsack gibt einen hervorragenden Müllbeutel ab.
Den eigenen Müll wieder mitnehmen ist keine Heldentat, sondern eine Selbstverständlichkeit. Zusätzlich Müll anderer mitnehmen, über den Du stolperst, zahlt aber definitiv positiv auf Dein Karma-Konto ein. © bc GmbH & Co. KG
Anders als in den skandinavischen Ländern gibt es in Mitteleuropa kein sog. „Jedermannsrecht“. Ein festes „Lager“ aufzuschlagen (Zelt, Tarp, Kote) ist in Deutschland und dem Alpenraum nur unter sehr spezifischen Bedingungen erlaubt. Bei einem Notfall-Biwak sind die Regeln weniger streng – dafür eignen sich zum Beispiel Schutz- oder Grillhütten im Wald. Kartendienste wie Komoot oder Openstreetmap zeigen diese oft an. Auch wer seinen Biwak- und Schlafsack mit dem letzten Licht des Tages auf einem Berggipfel aufschlägt und mit dem ersten Tageslicht wieder verschwindet, bekommt in der Regel kaum Probleme. Wilde Übernachtungen in Schutzgebieten wie Nationalparks, Naturschutz- oder FFH-Gebieten sollten allerdings genauso tabu sein wie auf Privatgelände oder in der Nähe von Wohnhäusern. Eine interaktive Karte aller Schutzgebiete in Deutschland findest Du beim Bundesamt für Naturschutz. Eine gute Idee bei der Lagerplatzsuche ist oft, einen Landwirt zu fragen, ob Du für ein paar Euro Dein Zelt auf seiner Wiese aufschlagen darfst. Auch die immer stärker wachsende Zahl an Naturcamping-Plätzen bietet eine legale Alternative. Bonus-Tipp fürs Biwak: Kochen und Schlafen nicht am selben Ort.
Auch wenn es sehr verlockend ist: Ein Lagerfeuer in der freien Natur ist keine gute Idee, sondern ein schlechtes Vorbild. Verlassene Feuer führen immer wieder zu Bränden, die Störung für Wildtiere wird größer, Feuer verändern Vegetation und Boden und Deine kleine Flamme ist oft kilometerweit sicht- und riechbar. Nicht umsonst sind in vielen skandinavischen Nationalparks Lagerfeuer nur zur Abwehr lebensbedrohlicher Situationen gestattet. Eine Ausnahme bilden öffentliche Grillplätze mit vorbereiteten Feuerstellen.
Diesem Thema ist aus guten Gründen ein ganzes Buch gewidmet. Wenn es irgendwie geht, vermeide den Toilettengang in der Natur und nutze Infrastruktur wie Tankstellen oder Cafés. Für die Fälle, in denen es nicht geht, solltest Du immer eine kleine Schaufel dabeihaben und Deinen Kot mindestens dreißig Zentimeter tief vergraben. Am besten, Du schaufelst bereits vorher ein Loch. Such Dir Toilettenstellen in ausreichender Entfernung von Fluss- oder Seeufer. Fünfzig bis hundert Meter sind hier eine gute Faustregel. Dein Toilettenpapier nimmst Du in einer Plastiktüte wieder mit in die Zivilisation und entsorgst es dort. Das gilt auch für Dein Exkrement, falls Du es nicht tief genug vergraben kannst. Ekel ist hier fehl am Platz. Wildtiere graben es sonst nämlich auf der Nahrungssuche wieder aus.
Natur ist mehr als eine gute Instagram-Kulisse oder die Leinwand für Deine Abenteuer. Sie ist in erster Linie Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Beachte also unbedingt lokale Schutzgebiete und verhalte Dich grundsätzlich so, dass Du so wenig wie möglich störst. Denn Du bist nur Gast in ihrer Welt. Nightrides etwa sind ökologisch keine gute Idee. Viele Tierarten müssen wegen des hohen menschlichen Nutzungsdrucks ohnehin auf Dämmerungs- und Nachtstunden ausweichen. Sie benötigen diese Zeiten dringend zur Ruhe oder Nahrungsaufnahme. Auch Pflanzen solltest Du respektieren. Der Wildblumenstrauß steht auf der Waldlichtung einfach besser als zuhause in der Vase. Apropos Pflanzen: Achte darauf, Vegetation und Boden so gut es geht zu schonen, während der Fahrt und beim Lager. Vor allem Moor- und Feuchtgebiete oder alpine Wiesen sind besonders empfindlich.
Als Outdoorsportler und Naturnutzer teilen wir gern unsere Begeisterung mit Gleichgesinnten. Trotzdem ist es oft keine gute Idee, Deine Bikepacking-Touren bei Strava hochzuladen oder die schönsten naturnahen Spots bei Instagram zu teilen. Genieße lieber und schweige, um den Nutzungsdruck nicht noch weiter zu erhöhen und Hotspots zu vermeiden. Teile lieber Deine positive Einstellung zur Natur und Deine wunderbaren Erlebnisse darin – so wirst Du in einem besseren Sinne Nachahmer finden – nicht für Deine Touren, sondern für Deine verantwortungsvolle Haltung.