Gebietsvorstellung: Bikepacking in der Eifel und den Ardennen
Gemeinsam mit 3T und dem Team von XPDTN3 sind Björn und Jonas zu einem Bikepacking-Trip der Extraklasse aufgebrochen.
Was passiert, wenn man einen Boxer, einen Karatekämpfer, einen Judoka und einen Taekwondo-Kämpfer in einen Käfig sperrt? Man erhält Mixed Martial Arts (MMA). Der neueste Schrei in der „Unterhaltungsindustrie“, spätestens seit Mayweather vs. Mc Gregor. Aber warum erzähle ich euch das? Nun, die Parallelen zum Radsport sind nicht so weit hergeholt, denn was passiert, wenn man einen Enduro-Fahrer, einen Cross Country-Fahrer und einen Rennradfahrer auf ein identisches Rad setzt, das allen Freude bereitet? „GRAVEL“ ist die Antwort.
Schmelztiegel Gravelbiking
Fahrtechnik trifft hier auf Pedalkraft und die Grenzen zwischen den einzelnen Disziplinen verlieren an Bedeutung: Gravelbikes bringen Radfahrer zusammen, die sich sonst wohl eher nicht auf dem Rad getroffen hätten. Eingefleischte Mountainbiker gehen nun gemeinsam mit Rennradfahrern auf Tour und jeder kann seine Stärken ausspielen. Und am Ende haben beide Spaß und obwohl es kein Rennen ist, will jeder in seiner Spezialdisziplin dem anderen eine auf die Zwölf geben – ganz wie beim MMA eben.
Da steh ich locker rum im Lampenschein, wiege ein Stück Seife in der linken Hand, wiege ein Duschbad in meiner rechten Hand. Was soll ich tun? Mit dem angepeilten Minimalismus der kommenden Tage können schon Details den Ausschlag geben. Mit 150g zu 250ml ist mein Entscheidungsweg ein kurzer. Das Warenhaus zu Würselen entlässt mich mit einem Stück Seife, einer Tube Putzi für die Zähne und den Gedanken daran, eventuell meine Zahnbürste um 3cm zu kürzen, spart ja Platz und Gewicht.
Expedition in die Eifel
Durch 3T und die XPDTN3 bot sich uns die Möglichkeit, unsere Heimatregion im Rahmen einer Bikepacking-Tour neu zu entdecken und vorzustellen. 3T hat zusammen mit einigen anderen Partnern dazu ein ganz besonderes Format entwickelt, eine Expedition auf Gravelbikes komprimiert auf 3 Tage: die XPDTN3. Dabei zeigen sie, dass Bikepacking und Gravel nahezu überall funktioniert: Sei es San Francisco, die Moab Wüste, Südafrika oder eben die Eifel. Bikepacking auf Gravelbikes bietet unbegrenzte Freiheit und eröffnet Expeditionsräume vor der Haustür.
Zahlreiche große Talsperren liegen an der Strecke durch Eifel und Ardennen.
Ulli, der über unser Gewinnspiel einen Startplatz für die Fahrt ergattert hatte, hat bereits in einem weiteren Blogbericht seine Eindrücke des Trips niedergeschrieben. Die vielfältige Landschaft in Kombination mit dem Bikepacking machten die drei Tage zu einem tollen Abenteuer. Highlights der Strecke und eine detaillierte Routenbeschreibung geben wir Dir nun hier in unserer Gebietsvorstellung:
Immer wieder geht es durch kleine Dörfer.
Die Anstiege auf Schotterpisten können täuschen. Meistens ist es steiler als es den Eindruck macht.
Etappe 1: Aachen - Heimbach (82 km - 1393 hm)
Los geht´s am bc Store mitten in der Aachener Altstadt, wo Ihr Euch noch mit einem Kaffee stärken könnt, bevor es nach einigen Kilometern auf den ersten Singletrail in Richtung Eifel geht. Der Trail ist zwar technisch nicht sehr anspruchsvoll, aber bereits ein kleiner Vorgeschmack darauf, was mit einem Gravelbike alles möglich ist. Über eine alte Bahntrasse, die heute als Radweg dient, geht es anschließend auf unbefestigten Wegen immer tiefer hinein in die Eifel in Richtung Wehebachtalsperre. Hier werden die kurzen Trails schon etwas technischer und zaubern allen Fahrern neben einem breiten Grinsen auch den ersten Matsch ins Gesicht. Wir nähern uns der Wehebachtalsperre an, die wir zuerst über die Staumauer erfahren und der wir später noch von der südlichen, wilderen Seite begegnen. Parallel zum Bachlauf geht es nun etwa hundert Höhenmeter weiter nach oben, bevor wir dem Tiefenbach hinab ins nächste Tal folgen.
Die vier Kilometer lange Abfahrt geht hinab über einen technisch einfach zu befahrenden Schotterweg, der einen wunderschönen Blick in unberührte Natur ermöglicht. Am Fuß der Abfahrt biegen wir ins Kalltal ein. Nach nun 56 Kilometern gefahrener Wegstrecke kommt die Mestrenger Mühle zur Stärkung und Verpflegung wie gerufen. Die zugeführten Kalorien werden auch bald schon wieder aufgebraucht. Nach der Durchfahrt eines verschlafenen Eifeldörfchens folgt eine steile Rampe mit gut 200 hm, die uns aus dem engen Talkessel wieder hinausführt. Der knackige Anstieg benötigt doch so einige Konzentration, damit das Hinterrad nicht ins Rutschen gerät. Oben angekommen steht die technische Höchstschwierigkeit des Tages auf dem Programm: ein recht steiler, etwas verblockter Singletrail hinunter zum Rursee, welcher immer wieder malerisch zwischen den Bäumen hervorsticht. Die restliche Strecke schlängelt sich der Weg am Westufer des Rursees entlang und bietet sagenhafte Ausblicke und traumhafte Farbspiele, dank der Sonne, die immer wieder durch die Bäume blitzt. Zum Tagesziel geht es dann noch ein paar Kilometer weiter in den touristisch gut erschlossenen Luftkurort Heimbach.
Etappe 2: Heimbach – Ligneuville (92 km – 1580 hm)
Etappe 2 beginnt so, wie Tag 1 endete: entlang des Rursees, diesmal am Ostufer entlang. Hier schlängelt sich der Weg nun weitere 20 Kilometer entlang des Sees und gibt Blicke auf die verschiedenen Verästelungen des Stausees frei. Nach der Seeumrundung gibt es noch einmal die Möglichkeit zur Einkehr und Stärkung, bevor es nun weiter in unbesiedelte Gebiete geht und die Expedition ihrem Namen alle Ehre macht. Nach einem traumhaften Uphill-Trail von 250 Höhenmetern, der so schön ist, dass sogar das Bergauffahren richtig Spaß macht, geht es hinab auf die Abfahrt zur Oleftalsperre. Im Anschluss geht es über Forstwege steil hinauf zurück in dichte Wälder. Schließlich überqueren wir unbemerkt die grüne Grenze nach Belgien und erreichen einige Zeit später auch wieder einige kleine Dörfer. Wenig später befahren wir das traumhafte Nordufer des Bütgenbacher Sees. Hätten wir nicht noch einige Kilometer vor uns, könnte man hier glatt ein paar Runden um den See drehen. Der Singletrail ist einfach traumhaft und ein echtes Gravelparadies.
In dem nun folgenden französischsprachigen Teil Belgiens bekommen wir einen Ausblick auf den wilden Charme der Ardennen. Die letzten Kilometer nach Ligneuville versprühen den Charme von Lüttich-Bastogne-Lüttich. Das älteste Radrennen der Welt verläuft auf ähnlichen Straßen, die einem mit Freude die Kraft aus den Beinen ziehen, bevor man nach einem langen Tag im Sattel in Ligneuville ankommt. Wer hier nicht satt wird, dem können wir auch nicht helfen, denn die regionale Küche und die Vielzahl lokaler Bierspezialitäten machen den Aufenthalt nach der langen Tagesetappe einfach phänomenal.
Etappe 3: Ligneuville –Aachen (78 km - 985 hm)
Etappe 3 lässt das Laktat gleich in die Waden schießen, denn unmittelbar nach der Bordsteinkante der Hotelausfahrt geht es bergauf. Die noch vom Vortag müden Beine werden also gleich unsanft geweckt. Nach der Ortsdurchfahrt von Malmedy folgen wir dem Bachlauf der Warche. An normalen Tagen ein Bach, zur Zeit als wir die Tour fuhren, ein Fluss, weshalb wir zwangsläufig auch ein paar Mal nasse Füße bekamen. Wer sich die Überfahrt des Flüsschens nicht zutraut, kann auch Brücken zur Hilfe nehmen. Das Wort episch wird in diesen Tagen im Radsport beinahe inflationär benutzt, ist aber für diesen Streckenabschnitt fast eine Untertreibung. Bei Kilometer 30 sind wir dann unweit des Signals de Botrange, des höchsten Punkts in Belgien, man mag es kaum glauben, aber hier gibt es tatsächlich ein Skigebiet. Dementsprechend ist hier fast ganzjährig mindestens Windwestenpflicht, auf Grund der Temperaturen oder des Winds, der uns auch auf den kommenden Kilometern bergab durch das Hohe Venn in der Regel zielsicher direkt ins Gesicht weht.
Auch Flussquerungen gehören zum Programm.
Wie an einer Perlenkette aufgereiht geht es den Trail entlang.
Am letzten der zahlreichen Stauseen unserer Tour in Eupen bei km 43 bietet sich eine weitere Möglichkeit für einen Café-Stopp. Der letzte Teilabschnitt führt dann noch auf weitestgehend unbefahrenen Nebenstrecken hinab nach Aachen/Würselen. Nach insgesamt 252 Kilometern, 3958 Höhenmetern, verschiedenen Landschaften, Sprachen und Kulturen haben wir diesen Trip voller Impressionen mit zwar dicken Beinen, dafür jedoch mit einem breiten Lächeln auf dem glücklichen Gesicht hinter uns gebracht.
Dramatischer Himmel und Hecken sind typisch für die Ardennen.
Infos zur Tour:
Die hier gezeigte Strecke führt zu etwa 75 % über unbefestigte Wege. Mit Crossreifen (700C / 33 mm) sind die Wege befahrbar - komfortabler ist es jedoch großvolumigere Pneus zu fahren (700C / 38 - 42 mm oder auch 27,5" / 47 mm). Ein Luxus, den man sich für die Strecke gönnen sollte. Wettertechnisch sind die Ardennen und die Eifel typische Mittelgebirge: oft unberechenbar und schnell wechselhaft. So sollten auch im Sommer mindestens eine Weste und Armlinge zum Gepäck gehören, im Frühjahr/Herbst oder gar im Winter sollte dann schon die Thermokleidung zur Ausrüstung zählen. GPS-Gerät und Powerbank sind unverzichtbar, wenn Ihr die Tour fahrt, da es gerade zur Jagdsaison zu „Streckensperrungen“ kommen kann. Ein GPS-Gerät hilft Euch aber fix wieder über die zahlreichen Pfade auf die Route zu kommen.
Mit diesem kleinen Abenteuer haben wir unsere Region um Eifel, Ardennen und das Hohe Venn noch einmal neu erkundet. Verborgene Perlen liegen so doch häufig direkt vor der eigenen Haustüre. Nicht ohne Grund ist die Eifel seit einiger Zeit als Nationalpark ausgewiesen. Die Route ist sicherlich nicht nur direkten Anwohnern der Region zu empfehlen. Auch Besucher oder Kurzurlauber, die hier ein verlängertes Wochenende verbringen möchten, kommen voll auf ihre Kosten.