Graveln: Es lebe die Disziplinlosigkeit!
Gravel-Biken ist DIE Schnittmenge auf Schotter. Keine andere Spielart im Radsport vereint derart viele Facetten, begeistert so unterschiedliche Typen.
Es gibt Grund zum Feiern! Die Durchmischung verschiedenster Radfahrer-Typen im Melting Pot der derzeit wohl angesagtesten Spielart des Radfahrens: beim Graveln. Disziplinen spielen plötzlich keine Rolle mehr. Es geht einzig und allein ums Rollen. Es lebe die Disziplinlosigkeit im Radsport.
Okay, zugegeben. Ein bisschen Disziplin gehört natürlich trotzdem immer dazu. Diszipliniertes Training zum Beispiel ist absolut in Ordnung. Natürlich. Sich in einer technischen Passage, einer Schlüsselstelle im Downhill zusammenreißen auch. Ohne geht es nicht. Oder: Nicht so gut. Bergauf wie bergab. Und doch verschwimmen beim Graveln nicht nur Leistungsgrenzen, sondern gleich auch Radsportler-Schubladendenke!
Denn es geht regellos zu. Konformitätslos. Ganz anders als es die Velominati im Buch „Die Regeln – Kodex für Radsportjünger“ einfordern. Egal wie sarkastisch oder ernst das auch gemeint ist. Beim Gravel-Biken geht es nur noch um pures Fahrradfahren. So gesehen sind keine Kategorien – Mountainbiker hier, Rennradfahrer da – vorhanden. Oder gar kleinteiligere Disziplinzugehörigkeiten innerhalb einer Fahrradgattung. Kein XC vs. Downhill. Kein Zeitfahren vs. Marathon. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Zugängen zum Graveln sind so fließend geworden, wie die Übergänge von Asphalt zu Schotter beim Strade Bianche.
Beim diesjährigen Groundwork, einem kleinen, feinen Szene-Treff im Bergischen Land wurde mir das wieder einmal in aller Deutlichkeit vor Augen geführt: Zu der Veranstaltung, ausgerichtet von Fahrradhersteller Bombtrack, waren nur eine gute Handvoll Leute eingeladen. Drei Tage fuhren wir, was das Zeug hielt und die Beine hergaben. Vormittags eine Runde. Mittagessen bei Bombtrack. Nachmittags eine Runde. Abends ein (obligatorisches) Lagerfeuer. Dabei ging es nicht um Leistung. Zwar forderten die Länge der Touren und die Höhenmeter durchaus, doch über das Fahrtempo ließ sich die Intensität hervorragend steuern. Denn: Das Erlebnis als solches stand im Vordergrund. Und die Leidenschaft fürs Biken.
Und leidenschaftlich gefahren wurde beim Groundwork. Wild. Ruppig. Einer fuhr mit dem klassischen MTB Hardtail. Ein anderer eben mit dem Gravel-Bike. Egal welche Geometrie, egal welche Ergonomie. Die Technik des Fahrrads ist überall die gleiche. Schubladenübergreifend. Und das macht es aus. Zumindest für mich. Und für einige der Teilnehmer – darunter Journalisten, Blogger, Teamfahrer von Bombtrack – am Groundwork. Sie haben wir gefragt, was Graveln für sie bedeutet:
„In Europa ist das speziell. Es ist wie Mountainbiken light. In Amerika oder Australien bewegt man sich schon mehr auf gemäßigten Schotterpisten, denke ich. Darum ist ein Gravel-Bike in Europa meistens auch etwas robuster ausgestattet als in den Staaten. Das hat natürlich nichts damit zu tun, dass die Amerikaner weniger tough wären. Es ist nur eine andere Interpretation des Gravelns. Für mich ist es, wie schon gesagt, Mountainbiken light. Man kommt überall hin damit, kann jeden Weg fahren. Unabhängig vom Untergrund.“
Matty, UK, Bombtrack Teamfahrer und Lebenskünstler
mattywaudby.com
„Gravelbiken bedeutet für mich: Kein Verkehr, Trails fahren ohne Limit, Dreck, Spaß. Und vor allem Freiheit - und das geht auch ohne Dropbar!“
Franzi, D, Bombtrack Teamfahrerin
Tales on Tyres
„Graveln bedeutet für mich die Freiheit, überall hinzufahren, wohin immer ich möchte. Du kannst eine asphaltierte Straße entlang rollen – und wenn Du darauf keine Lust mehr hast, dann biegst Du in den Wald ab. Oder überquerst den Fluss und fährst auf der anderen Seite weiter. Es ist die Freiheit, die Du sonst nur mit dem n+1-Bike hättest.“
Cyril, FR, adventure enthusiast
evanoui.cc
„Graveln? Das ist einfach: Spaß! Auf einem schnellen Bike off-road unterwegs sein. Trails fahren trotz dünner Reifen. Und auf Asphalt bist du immer noch sauschnell. Ein Gravel-Bike ist der perfekte Allrounder!“
Gaelle, FR, Bombtrack Teamfahrerin
Bike to the Blocks