Teneriffa: Nuggets, Strand und Dulce Vida
Teneriffa: Wer Lust auf einen etwas anderen Biketrip hat, der sollte die kanarischen Inseln unbedingt mal anpeilen. Ein echtes Erlebnis, sowohl visuell als auch fahrtechnisch.
Mit seinen 3700 Metern Höhe streckt sich der Vulkan El Teide hoch in den Himmel und markiert eindrucksvoll die größte der Kanarischen Inseln: Teneriffa. Mit ihren 80 km Länge und max. 50 km Breite ist die Insel nicht gerade klein, aber überschaubar. Sie lockt jedes Jahr haufenweise Touristen an, die auf Erkundungstour gehen, sich am Strand räkeln, oder... biken gehen!
Mein Freund Nikolaj war letztes Jahr schon zum Endurofahren dort und seitdem schwer angetan, so dass Bene, unser Kumpel Philipp und ich gerne seinem Ruf folgten und mit auf den 4-Mann-Trip starteten. Also wurden schnell die Flüge gebucht, Mietwagen organisiert, Hotel klargemacht, die evoc-Koffer mit den Bikes beladen und los ging die wilde Fahrt.
bike-components Teneriffa Enduro
Nach ca. 3,5 Stunden Flug mit Air Berlin landeten wir am Flughafen Teneriffa Süd, wo wir unser Gepäck wieder aus dem Flieger hievten, den Mietwagen in Empfang nahmen und uns auf nach Puerto de la Cruz im Norden der Insel machten. Hier bezogen wir unsere Zimmer im Hotel La Paz und nutzten den Abend, um die Bikes schonmal startklar zu machen und am Strand noch ein Bier zu schlürfen.
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Für den ersten Biketag hatten wir beim ansässigen Bikeshop MTB-Active einen Guide gebucht, der uns die versteckten Perlen im Trailparadies zeigen sollte. Ralf ist von Deutschland nach Teneriffa ausgewandert und verbringt seine Zeit teils im Shop und teils mit den Bikern, die sich beim Kennenlernen eine Tour aussuchen können. Wir waren gut drauf und sind erstmal All In gegangen. "Wollt ihr´s heftig?" - Na klar! Also rollten wir runter zum Strand, wo schon ein Taxifahrer auf uns wartete, der uns samt den Bikes auf einem Anhänger bis auf knapp 2000 Höhenmeter kutschierte.
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Oben bei El Portillo angekommen, wartete ein nettes kleines Café am Straßenrand auf Besucher. Für kleines Geld bekommt man dort leckere, meist ziemlich süße Spezialitäten und "Barraquito", eine Spezialität des Landes - extrem guter Kaffee mit einer Karamellnote, Zimt und einem Schuss Likör. Da man dort weit über den Wolken ist, hat man stets Sonne pur - die Sonnencreme sollte also auch im Bikerucksack nicht fehlen, was ich heute noch merke, wenn ich mir die Hautfetzen vom Körper rubbele.
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Und los ging es: Nach einer kurzen Straßenabfahrt sticht man gleich mit einer Kurve links in den ersten Trail.
Flowige Trails zum Warmwerden - Fehlanzeige. Es ging direkt auf teils gebaute, meist aber sehr natürliche Trails, die vor allem von losem Gestein geprägt sind, das sich stets in Schienbeine und Unterrohre bohren wollte. Die formschönen Brocken tauften wir liebevoll "Nuggets". Schade, dass ich mir keinen als Andenken mitgenommen habe, aber das hätte wahrscheinlich auch das Maximalgewicht des Reisegepäcks gesprengt.
Anders als beispielsweise am Gardasee schwimmt man nicht im Geröll, sondern hat immer genug festen Boden unter sich, um Kontrolle, Speed und Flow zu halten. Konzentration war aber allemal gefragt, denn immer wieder warteten plötzlich garstige Steilstücke und tückische, lose Kurven. Alles aber insgesamt sehr gut fahrbar, wenn man mit alpinem Gelände klarkommt.
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Sobald man in die Wolkendecke eindringt, ändert sich hier schlagartig alles: Das Gestein wird weniger, die Sicht wird knapp und die Trails werden rutschiger, aber auch intuitiver. Durch die extrem hohe Luftfeuchtigkeit bildet sich ein superfeiner Nieselregen, den ich so noch nie gesehen habe. Die winzigen Tröpfchen schweben langsam durch die Luft Richtung Boden, man kann sie einfach wieder hochpusten. In der großen Lehmrutsche am Ende eines Trails gab es erstmal eine ordentliche Massenkarambolage, die aber mehr für Gelächter als für lange Gesichter sorgte.
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Plötzlich bist du voll im Dschungel: Schlingpflanzen, Palmen, Moorgruben und hier und da ein paar exotische Tiere prägen die Landschaft. Blind ausgesetzt würde ich mich im tropischen Regenwald wähnen. Einfach geil. Die lebendige Ruhe der Natur, die dich umgibt, ist einfach unbeschreiblich.
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Man vergisst kurz, dass man zum Radfahren hier ist. Auf einer Straße kam uns ein Pferd entgegen, das wir wegen des Nebels erst ziemlich spät erkannten. Natürlich ohne Reiter. Hier darf noch jeder machen, was er will. Raus aus der Wolkendecke ging es weiter auf meist trockenen, sehr flowigen Trails, die von üppiger Flora eingeschlossen sind. Ein Sturz ins Gemüse kann hier etwas schmerzhafter sein, da die Stechpflanzen und scharfkantigen Palmblätter nicht besonders gut auf Mountainbiker zu sprechen sind.
Nach gut 1500 Höhenmetern Trail kommt man wieder in die Zivilisation und heizt im Urban Downhill-Stil Richtung Strand runter, teils begleitet von Straßenhunden, die richtig Spaß an Zweirädern haben. Michel, ein deutscher Auswanderer, zeigte uns noch ein besonderes Schmankerl: Neben einem Pumptrack gibt es eine gebaute Downhillstrecke mitten in der Stadt, die sich durch Hinterhöfe, liegengelassene Baustellen, Schutthalden und brachliegende Wiesenstücke zieht. Hier wird ab und an auch ein Rennen organisiert, bei dem ambitionierte Fahrer den Titel des Inselmeisters ergattern können.
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Die Menschen dort sind sehr entspannt, haben überhaupt keine Probleme mit Bikern und winken freudig vom Straßenrand. Ganz so entspannt sieht es die ansässige Forstbehörde wohl nicht: Michel erklärt uns, dass das Fahren auf den Trails quasi per se verboten ist - hier und da wird es geduldet, an anderen Stellen jedoch darf man mit saftigen Geldstrafen rechnen. Zusammen legten wir uns noch auf ein paar Bierchen an den Strand, was für die Einheimischen zum Biken genauso dazugehört wie die Trails selber. Gefällt!
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Da das Guiding nicht gerade spottbillig war, obwohl es sich gelohnt hat, beschlossen wir, die nächsten Tage auf eigene Faust loszuziehen. Ein Reisebus, der 1x täglich um 9:00 morgens Touristen sowie Biker samt Bikes für schmale 4,10 € die 2000 Höhenmeter nach El Portillo hochkutschiert, bietet sich da sehr an. Im Bus lernten wir weitere Locals kennen, mit denen wir dann gemeinsam die Trails abklapperten. Die einheimischen Biker sind äußerst zugänglich, man wird auf deutsch, englisch und natürlich vor allem spanisch zugetextet, so dass irgendwann nur noch nett grinsen hilft. One World.
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An unserem selbst gewählten freien Tag setzten wir uns in den Mietwagen und fuhren richtig weit hoch, um die Insel mal in ihrer ganzen Pracht zu sehen und in der Mondlandschaft herumzustapfen. Eine Gondel bringt Touristen bei Bedarf ganz hoch auf den El Teide. Das haben wir uns aber gespart, da die Wartezeiten und Preise für die Gondel enorm sind. Stattdessen nochmal an den Strand gelegt und die Seele baumeln lassen, zog oben am Vulkan doch auch ein heftiger Sturm auf.
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Tags drauf fuhren wir ins nahe gelegene Anaga-Gebirge, das weit weniger steinig ist als die Trails, die wir bisher hatten. Dort allerdings muss man schon sehr kundig sein, um die besten Strecken fahren zu können, und so wurde dieser Tag mehr eine Erkundungstour mit zünftigem Mittagessen, das aus offen gegrilltem Hähnchen und einheimischem Bier bestand. Bei den Einheimischen am Berg drehen die Uhren einfach langsamer. Die Leute sind so entspannt und aufgeschlossen, dass man wirklich das Gefühl hat, URLAUB zu haben, obwohl das Ganze durch einige lange Uphills doch recht kräftezehrend ist.
Nach 9 Tagen war dann auch leider schon wieder Schluss mit lustig und wir mussten so langsam wieder die Heimreise antreten. Sehr schade, denn nach der Zeit war man dort so richtig angekommen. Die westliche Welt erwartet dich bereits am Flughafen Teneriffa wieder, wo sich Touris drängeln, viel zu früh einchecken und wir so fast unseren Flug verpassen. Aber glücklicherweise nur fast. Glücklicherweise? :)
Was die Wahl des Bikes angeht, so sollte perfekterweise ein Enduro-Bike mit unempfindlichen Reifen im Gepäck sein, um richtig Spaß bergab zu haben und dennoch alle Anstiege zu meistern. Aber auch mit dem Downhillbike geht alles klar, da man, je nach Tour, kaum bergauf muss. Unser Fuhrpark bestand aus 2 Liteville 301, einem Liteville 601 und einem Nicolai ION 16.
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Wer Lust auf einen etwas anderen Biketrip hat, der sollte die Kanarischen Inseln unbedingt mal anpeilen. Ein echtes Erlebnis, sowohl visuell als auch fahrtechnisch, kann ich euch garantieren. Wenn ihr Fragen habt oder Tipps bezüglich des Urlaubs braucht, ruft gerne an oder schreibt mir eine Mail.
Dulce Vida, Teneriffa!
Euer Rainer