How To: Inspektion am Fahrrad
Bereit für die Saison? Wir zeigen Dir, wie Du Dein Bike startklar machst und welche Teile dabei besonders viel Zuwendung benötigen.
Reifen platt, die Schaltung rasselt, Kette reißt, eine Speiche bricht.. Kein Grund zum verzweifeln. Wir zeigen Dir, wie Du Dir schnell selbst hilfst.
Pannen und Defekte auf dem Trail kommen immer wieder mal vor - bei den einen zum Glück nur selten, andere sind scheinbar vom Pech verfolgt. Für den Fall der Fälle ist es aber immer gut, wenn Du Dir zu helfen weißt.
Mit ein paar Tipps und etwas Werkzeug reparierst Du die häufigsten Pannen auch im Wald und sitzt schnell wieder auf dem Bike. So bist Du außerdem top vorbereitet, anderen Biker:innen Hilfe anzubieten.
Technik-Nerds haben an gutem Werkzeug fast genauso viel Spaß, wie an den neuesten Bike-Teilen. Aber auch wenn Du nicht technikaffin bist, lohnt sich eine kleine Auswahl an durchdachten und hochwertigen Werkzeugen für unterwegs. Das Nötigste bekommst Du easy im Rucksack oder Hip-Bag unter – oder griffbereit am Bike verstaut. Dazu gibt es Sattel - und Rahmentaschen, Werkzzeugflaschen, Halterungen und integrierte Lösungen. Wichtig ist, dass Du in der Hektik und Verwirrung einer Panne weißt, wo Du die nötigen Tools findest.
Du hast das berüchtigte Steinfeld am Ende des Trails gerade hinter Dir, als Du ein kurzes Zischen hörst und merkst, dass sich das Bike am Boden irgendwie schwammig anfühlt. Einer der spitzen Steine hat wahrscheinlich Deinen Reifen bis auf die Felge durchgeschlagen und dabei ein Loch reingestanzt – oder sogar zwei. Kein Grund zur Panik. Wenn Du Tubeless fährst, wirst Du schnell sehen, wo Tubeless-Milch austritt. Mit etwas Glück ist der Schaden klein genug und die Milch dichtet ihn, wenn Du das Rad ein paar Umdrehungen drehst. Dann reicht es, die eben verlorene Luft nachzupumpen und schon kannst Du weiter. Wenn das nicht funktioniert, ist es Zeit, zum Tubeless-Flickzeug zu greifen. Mit den kleinen, klebrigen Streifen aus Gewebe und Gummi (viele sprechen wegen der Farbe von „Würsten“ oder „Salamis“; im Englischen werden sie auch „bacon strips“ genannt) und einem Werkzeug, das einer zu klein geratenen Pommesgabel ähnelt, kannst Du Löcher im Reifen direkt stopfen. Anschließend pumpst Du wieder auf Deinen idealen Luftdruck und weiter geht es.
Dichtmilch und Reifen-Flickzeug funktionieren nicht nur bei Durchschlägen (Snake-Bites), sondern auch bei Durchstichen und Schnitten – wenn sie nicht zu groß sind. Reifenpannen sind mit Tubeless deutlich seltener geworden und in den meisten Fällen auch viel einfacher und schneller repariert. Funktioniert das mal nicht oder fährst Du klassisch mit Schlauch, dann bleibt Dir nur der gute alte Ersatzschlauch oder die Reparatur des Schlauchs. Dazu kannst du Flickzeug mit Vulkanisierlösung nutzen oder selbstklebende Flicken. Damit der Schlauch die Luft hält und nicht direkt wieder kaputt geht, solltest Du den Reifen genau nach Fremdkörpern absuchen (Dornen, Nägel, Scherben o. Ä.) und sie entfernen.
Bleibt der schleichende Platten: Du bemerkst Luftverlust, aber nirgends tritt sicht-, spür- oder hörbar Luft aus dem Reifen aus. Das hat schon einige Biker:innen in den Wahnsinn getrieben. Unser Tipp: Schau Dir das Ventil genauer an. Ist es fest und dicht an der Felge verschraubt? Ist der Ventileinsatz fest und geschlossen? Wenn Du die Tubeless-Milch lange nicht kontrolliert und erneuert hast, könnte es auch sein, dass sie eingetrocknet ist und der Reifen durch kleinste poröse Öffnungen Luft verliert. Fährst Du mit Schlauch, kann es sein, dass ein Dorn ein winziges Loch verursacht hat oder dass er porös geworden ist. Im Zweifelsfall hilft Dir auch hier der Ersatzschlauch.
Der Uphill zieht sich schon eine Weile. Dir rinnt der Schweiß ins Gesicht. Es wird steiler, Du schaltest und plötzlich trittst Du ins Leere. Beim Blick nach unten siehst Du zwei Enden Deiner Kette nach unten baumeln. Ein Kettenriss kommt meist unvermittelt und immer unpassend. Aber die Reparatur ist für gewöhnlich recht einfach, wenn Du das passende Kettenschloss und einen Kettennieter dabeihast.
Schaust Du die beiden Enden der Kette an, wirst Du schnell sehen, ob ein Glied gerissen und verloren gegangen ist oder noch Bruchstücke dranhängen. Wenn zweiteres der Fall ist, solltest Du sie mit dem Kettennieter entfernen. Um die Kette mit dem Kettenschloss wieder verbinden zu können, müssen beide Enden mit Innenlaschen abschließen. Achte auf die Laufrichtung des Kettenschlosses und darauf, dass die Kette korrekt durchs Schaltwerk gefädelt ist. Kettenschloss zu und weiter geht es.
Wenn ein Innenglied oder mehrere beschädigt sind, kannst Du die Kette kürzen. Achtung: Das ist nur eine Notlösung für den Heimweg. Mit verkürzter Kette solltest Du die größten Ritzel Deiner Kassette nicht mehr nutzen, da sie sonst wieder reißen oder sogar das Schaltwerk in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Mit der oberen Anschlagsschraube des Schaltwerks kannst Du dem vorbeugen, indem Du die Gänge blockierst. Zu Hause solltest Du dann eine neue Kette montieren. Wie das geht, verraten wir im Blog: How to: MTB-Kette wechseln.
Klick, klick, klick – Du hast geschaltet, aber die Kette klackert und rattert nur unruhig. Sie raubt Dir den letzten Nerv, statt aufs nächste Ritzel zu wechseln. Oft ist das schnell und einfach behoben, indem Du die Zugspannung am Schalthebel nachstellst. Schaltet die Kette nicht aufs größere Ritzel, dann drehe die Einstellschraube (das ist die Rändelschraube, durch die der Schaltzug aus dem Hebel kommt) etwas in Fahrrichtung (also heraus) und teste den Schaltvorgang erneut. Eine viertel oder halbe Drehung reicht oft schon. Wenn es nicht runter, also aufs kleinere Ritzel schaltet, dann musst Du in die andere Richtung drehen.
Andere, mögliche Ursachen für Schaltprobleme können ein lockeres Schaltwerk oder eine lockere Kassette sein. Am Schaltwerk kannst Du einfach mit Deinem Minitool prüfen, ob es fest am Schaltauge Deines Rahmens verschraubt ist. Die Kassette kannst Du vorsichtig am größten Ritzel greifen (ggf. mit einem Lappen) und prüfen, ob sie zur Nabe kippelt. Wenn das der Fall ist, solltest Du sie unbedingt wieder festschrauben.
Nach einem Sturz kann das Schaltauge an Deinem Rahmen verbogen sein. Auch das führt zu hakeligen Schaltvorgängen. Ein Blick von hinten aufs Schaltwerk gibt Dir einen schnellen Eindruck. Der Schaltkäfig sollte senkrecht stehen – also parallel zum Hinterrad. Achtung: Lass Dich nicht von den Speichen beirren – sie stehen schräg und nicht senkrecht. Ist etwas verbogen, kannst Du vorsichtig (!) versuchen, es zurückzubiegen. Perfekt wird es ohnehin nicht wieder, also sei wirklich vorsichtig. Anschließend kannst Du die Schaltung wie oben beschrieben über die Zugspannung einstellen. Konzentriere Dich dabei am besten auf die Gänge in der Mitte der Kassette und meide auf dem Heimweg die ganz großen und kleinen Ritzel. Bei der nächsten Gelegenheit solltest Du das Schaltauge gegen ein Neues tauschen und – wenn es ebenfalls beschädigt ist – auch das Schaltwerk.
Einen Speichenbruch bemerkst Du möglicherweise gar nicht sofort. Vielleicht fällt Dir irgendwann ein merkwürdiges Klimpern im Laufrad auf, weil die gebrochene Speiche lose zwischen ihren Nachbarn umherbaumelt. Ein Bruch kann passieren, wenn die Speichenspannung in Deinem Laufrad zu niedrig oder zu ungleichmäßig ist. Die Speichen ermüden dann durch permanente Lastwechsel und brechen nach und nach. Aber auch unfreiwilliger Kontakt mit Steinen kann Speichen so stark schwächen, dass sie versagen. Die gute Nachricht: Seit sich Scheibenbremsen durchgesetzt haben, ist ein einzelner Speichenbruch gar nicht mehr so schlimm, da sich das Rad meist auch mit einem leichten Seitenschlag – der berühmten Acht – noch frei dreht. Du solltest allerdings den Rest der gebrochenen Speiche aus der Nabe fädeln und entfernen oder wenn das nicht geht: so um eine Nachbarspeiche wickeln, dass sie nicht mehr unkontrolliert herumschlenkert. Sie könnte sich sonst irgendwo verhaken und noch mehr Schaden anrichten. Spätestens zu Hause solltest Du die Speiche dann erneuern oder erneuern lassen.
Was aber, wenn der Seitenschlag nach einem Speichenbruch (oder aus anderen Gründen) so stark ist, dass der Reifen am Rahmen bzw. der Gabel schleift? Dann kannst Du versuchen, das Laufrad mit Hilfe eines Speichenschlüssels (aka Nippelspanner) provisorisch zu zentrieren. Wie das geht, kannst Du an anderer Stelle im Blog nachlesen: How To: Laufrad zentrieren. Wenn du eine Ersatzspeiche dabeihast, kommt sie jetzt zum Einsatz. Eventuell musst Du dazu die Kassette demontieren. Eine solche Reparatur ist eher etwas für erfahrene Schrauber:innen und benötigt neben den entsprechenden Werkzeugen auch etwas Zeit. Zurück zu Hause, spätestens aber vor der nächsten Ausfahrt, solltest Du das reparierte Laufrad noch einmal checken.
Moderne, hydraulische MTB-Scheibenbremsen sind zuverlässig und fast wartungsfrei. Dennoch können unterwegs Probleme auftreten, wovon einige leicht zu beheben sind:
- Bremsscheibe schleift dauerhaft: Wenn Deine Bremse permanent einseitig schleift, dann kann es helfen, den Bremssattel neu auszurichten, sodass die Scheibe genau mittig zwischen den Bremsbelägen liegt. Dazu löst Du einfach die beiden Schrauben etwas, mit denen der Bremssattel am Adapter, Rahmen oder der Gabel befestigt ist. Es reicht, wenn sich die Bremse nach rechts und links bewegen lässt. Halte nun den dazugehörigen Bremshebel gezogen und schraube den Bremssattel wieder fest. Meist genügt das schon. Eine Ursache für schleifende Bremsbeläge kann sein, dass die Bremskolben auf einer Seite schwergängiger sind als auf der anderen. Das siehst Du, wenn Du genau auf die Beläge schaust, die Bremse betätigst und sich eine Seite deutlich weniger bewegt als die andere. Informiere Dich dann beim Hersteller Deiner Bremse, wie Du die Kolben wieder mobilisieren kannst.
- Verbogene Bremsscheibe: Wenn Die Bremsbeläge nicht gleichmäßig schleifen, sondern nur an einer bestimmten Stelle während einer Umdrehung Deiner Räder, dann ist Deine Scheibe wahrscheinlich verbogen. Das kann etwa nach einem Sturz der Fall sein. Stell Dein Bike am besten auf den Kopf, um die Scheiben genauer inspizieren zu können, während Du das Rad langsam drehst. Merke Dir, an welcher Stelle die Scheibe schleift und biege sie dort vorsichtig in die andere Richtung. Um sie zu greifen, kannst Du eine Zange nutzen. Alternativ geht auch ein Rollgabelschlüssel. Einige Multitools haben einen Schlitz, der genau dafür gedacht ist. Achte darauf, dass kein Fett oder Öl auf die Scheibe gelangt. Beim Biegen der Scheibe solltest Du in kleinen Schritten vorgehen und immer wieder überprüfen, ob sie frei durch die Bremsbeläge dreht. Oft reicht schon eine kleine Korrektur.
- Verschlissene Bremsbeläge: Sobald Du den Verdacht hast, dass Deine Bremsbeläge verschlissen sein könnten (Druckpunkt wandert näher zum Lenker, metallische Geräusche und reduzierte Bremsleistung usw.), solltest Du genauer hinsehen und sie im Zweifelsfall tauschen. Wie das genau geht, unterscheidet sich von Bremse zu Bremse. Zwei Dinge solltest Du in nahezu allen Fällen beachten: 1. Die Kolben zurückdrücken: Das kannst Du am besten tun, wenn die alten Beläge noch drin sind. 2. Die korrekte Orientierung der neuen Beläge: Achte darauf, die Beläge in der richtigen Richtung einzubauen und korrekt zu sichern (mit einer Sicherungsschraube oder einem Splint).
Wenn eine Deiner Bremsen auch nach Berücksichtigung unserer Tipps keinen Druckpunkt mehr hat oder aus anderen Gründen keine Bremsleistung mehr liefert, dann solltest Du Deine Tour abbrechen. Eventuell kannst Du mit einer Bremse noch vorsichtig und langsam heimrollen. Im Zweifelsfall solltest Du aber lieber schieben, die Öffis nutzen oder Dich abholen lassen. Das Risiko eines Unfalles ist es nicht wert.
Auch die begabteste Schrauberin oder der kreativste Bastler vergessen mal ein Ersatzteil oder Werkzeug zu Hause oder kommen mit ihrem Wissen an Grenzen. Wenn Dir das passiert, dann sprich einfach andere vorbeikommende Biker:innen freundlich an. Die meisten helfen gerne, wenn sie können. Umgekehrt kannst Du natürlich auch immer Hilfe anbieten, wenn Du andere Mountainbiker:innen verzweifelt am Wegesrand stehen siehst. Außerdem hilft Ortskenntnis: Möglicherweise gibt es ganz in der Nähe eine Fahrradwerkstatt.
Es gibt auf dem Trail Situationen, in denen man einfach Pech hat und es gibt solche, denen Du aktiv vorbeugen kannst. Wenn Du Dein Bike regelmäßig wartest, wirst Du seltener Probleme bekommen. Lockere oder gar verlorene Schrauben lassen sich vermeiden, indem Du regelmäßig zu Hause prüfst, ob alle fest sind. Das Gleiche gilt für Spiel in Lagern, z. B. im Steuersatz. Wenn Du verschlissene Bremsbeläge oder Reifen schon in der Werkstatt bemerkst, wirst Du sie nicht unterwegs wechseln müssen.
Ein weiterer Vorteil eines gut gewarteten und gepflegten Bikes: Wenn Du doch unterwegs eine Panne hast, geht die Reparatur leichter und sauberer von der Hand. Wenn Du Dich zu Hause regelmäßig um Dein MTB kümmerst, ist es Dir außerdem vertrauter und Pannen werden Dich nicht so leicht aus der Ruhe bringen.
Inspiration und Tipps dazu haben wir in zwei Artikeln im Blog parat: How To: Inspektion am Fahrrad und Bikepflege - So putzt Du Dein Rad.