Im Test: Crankbrothers Synthesis E11 Laufradsatz
Mehr als nur ein Laufradsatz: Crankbrothers bietet mit der Synthesis-Baureihe ein Laufradsystem das auffällig unauffällig über den Trail rollt…
Für die Synthesis E 11 Laufräder verabschiedet sich Crankbrothers vom bisher typischen Twin Spoke Design aus Aluminium und kehrt zu dreifach gekreuzten J-Bend Speichen aus Stahl zurück. Der Griff auf Altbewährtes bedeutet aber nicht, dass es sich um einen gewöhnlichen Laufradsatz handelt – denn das Konzept des neuen Synthesis Laufradsystems ist durchaus zukunftsträchtig: An das Vorder- und das Hinterrad werden beim Mountainbiken unterschiedliche Anforderungen gestellt. Daher ist der Ansatz von Crankbrothers, innerhalb eines Laufradsatzes unterschiedliche Laufräder für vorne und hinten zu konstruieren, absolut nachvollziehbar und sinnvoll.
Konzipiert für den Enduro-Einsatz: dafür steht E11.
Ersteindruck
Die Synthesis E 11 bewegen sich für einen Carbon-Laufradsatz in 29“ mit 1.825 g eher am oberen, schwereren Ende der Leichtgewichtskala. Konzipiert für den Enduro-Einsatz sind die E 11 jedoch nicht auf konsequenten Leichtbau getrimmt, sondern auf Haltbarkeit und Stabilität ausgelegt. Die Optik ist dezent und passt nach meinem Geschmack perfekt zu der exzellenten Verarbeitung: Understatement und Top Notch-Teile vertragen sich einfach gut…
Flaches, breites Profil, 28 Sapim CX-Sprint Messerspeichen am Vorderrad.
Schmalere Felge mit 32 Sapim CX-Ray Speichen: das Hinterrad im Synthesis-System.
Vorderrad
Die Felge, deren flaches Profil das Laufrad insgesamt leicht wirken lässt, misst 31,5 mm Maulweite am Vorderrad. Ausgestattet mit 28 Sapim CX-Sprint Messerspeichen und einer niedrigen Speichenspannung zeichnet sich das vordere Laufrad durch einen, für Carbon-Felgen, weicheren Flex und ein geringeres Gewicht im Vergleich zum Hinterrad aus. Durch diese Charakteristik lässt sich das Vorderrad sehr gut kontrollieren, Lenkimpulse werden direkt umgesetzt, Schläge und Unebenheiten jedoch gut ausgeglichen. An beiden Felgen sind die Speichenlöcher rund um alle Nippel verstärkt.
Hinterrad
Das Hinterrad ist mit einer stabileren, 29,5 mm breiten Felge mit 32 der massiveren Sapim CX-Ray Messerspeichen massiver ausgelegt. Zwar ist diese Kombination schwerer als am Vorderrad, kann aber auch deutlich besser einstecken. Wählt man hier einen schmaleren Reifen mit niedrigem Rollwiderstand, erhält man ein dennoch völlig akzeptables Beschleunigungs- und Rollverhalten. Bei den Naben hat sich Crankbrothers sowohl am Vorder- als auch am Hinterrad für Projekt 321-Innenleben entschieden. Eine Besonderheit ist dabei der Freilauf: Die sechs Sperrklinken werden anstelle von Federn mit Magneten in die Verzahnung gezogen. Durch eine Rasterung von 144 Zähnen beträgt der Auslösewinkel nur 2,5°. Die feine Verzahnung und die magnetischen Sperrklinken machen den Freilauf in Summe so erstaunlich leise.
Praxiseindrücke
Dass die Kombination aus einem schmalen Reifen am Heck und einem breiten Reifen an der Front grundsätzlich funktioniert, ist keine bahnbrechende Erkenntnis. Aber die Laufräder entscheiden darüber, wie gut oder schlecht das geschieht. Mit dem Synthesis E11 System klappt es ausgezeichnet: Den schmaleren Maxxis Minion Semislick DD 29x2,3" am Hinterrad fahre ich mit einem Druck von ca. 2,0 bar. Die großen Seitenstollen in Verbindung mit der erhöhten Speichenspannung am Hinterrad bieten ausgezeichneten Seitenhalt. Außerdem sorgt die hohe Steifigkeit des hinteren Laufrads in Verbindung mit diesem Reifen für eine effiziente Umsetzung der Antriebskräfte. Spürbar ist zudem der Eingriffswinkel von 2,5° bei den sechs magnetischen Sperrklinken im Freilauf: Man tritt einfach nichts ins Leere.
Am Vorderrad formt die breitere Felge auch den breiten Maxxis Shorty WT 29X2,5" gut aus. Dadurch erhält der Reifen mit dem Wide Trail Casing ein großes Volumen. Mit einem Luftdruck von ca. 1,5 bar sorgt diese Kombination selbst bei den zurzeit wirklich matschigen und rutschigen Bedingungen noch für ordentlichen Grip am Vorderrad. Der weichere Flex in radialer Richtung schluckt in rauem Geländen Unebenheiten sehr effektiv, ohne dass das Vorderrad zu springen beginnt. Diese Eigenschaft verbessert das Kurvenfahrverhalten dahingehend, dass sich gewählte Linien auf dem Trail deutlich präziser ansteuern lassen. Gleichzeitig reduziert diese dämpfende Eigenschaft des Vorderrades Vibrationen und sorgt so für ein angenehmes Handling.
Im Vergleich zu einem mit 28-Speichen aufgebauten Aluminium-Laufradsatz vermittelt der Hinterbau meines Bikes durch den Synthesis E11 das Gefühl deutlich steifer zu sein. Das Hinterrad folgt der gewählten Linie sehr viel präziser, ein schwammiges Fahrgefühl bleibt aus. Platten blieben mir, selbst bei Fahrten mit geringerem Luftdruck als 2,0 bar und Landungen, die anders verliefen als geplant, während des Testzeitraums von bisher drei Monaten bislang erspart.
Beim Beschleunigen und in schnellen Kurvenwechseln merkt man den Laufrädern nicht an, dass diese zu der schwereren Sorte gehören. Grund hierfür ist wohl die Massenverteilung. Leichte Felgen in Kombination mit massiven, langlebigen Naben zentralisieren die Masse. Wirklich überrascht hat mich der leise Freilauf: Dieses Detail ist mir erst aufgefallen, als ich in einer Gruppe unterwegs war und es überall um mich herum gesummt hat. Ist man alleine auf dem Trail hört man kaum mehr als das Abrollgeräusch der Reifen. Negativ ist natürlich, dass man auf einmal alle Geräusche am Bike wahrnimmt, die der bisherige Zahnscheibenfreilauf übertönt hat.
Während des Testzeitraums von bislang drei Monaten hatte ich keinerlei Ausfälle oder Defekte. Die Laufräder besitzen noch immer einen Rundlauf wie am ersten Tag und haben nicht an Speichenspannung verloren. Gefahren bin ich vor allem in der bewaldeten Umgebung rund um Aachen. Aber auch in den Schiefertälern der Eifel und beim Saisonauftaktrennen, dem Enduro Superplastic Cup in Amay, konnten die Laufräder überzeugen.
Praktisch: schmutzabweisende Laufräder!
Fazit
Auffällig unauffällig! Ganz gleich ob bei der spielend leichten Tubeless-Montage, dem erstaunlich leisen Freilauf-Geräusch oder der tadellosen Funktion generell – die Laufräder zeigen sich erfreulich unauffällig. Auch das schlichte Design gefällt.
Das Konzept, je ein spezifisches Laufrad für die unterschiedlichen Anforderungen an Vorder- und Hinterrad zu entwickeln, geht nach meiner Auffassung komplett auf. Auch und gerade, weil sich neben der Performance auch die Pannensicherheit auf Top-Niveau bewegt: Wer schon mal aufgrund eines Materialdefektes bei einem Rennen ausgeschieden ist oder sein Bike auf einem alpinen Trail zu Tale getragen hat, weiß wie ärgerlich Defekte an essentiellen Bauteilen sein können. Auch hier bin ich von der Unauffälligkeit der Materialqualität und Verarbeitung begeistert. Die Laufräder sehen immer noch top aus und funktionieren tadellos.
Gewiss, der Laufradsatz ist, wie bei Carbon-Laufrädern üblich, kein Schnäppchen – und mir aber dennoch eine uneingeschränkte Empfehlung wert: Wenn etwas einerseits so gut und andererseits so unauffällig funktioniert, dann passt das für mich absolut zusammen!