Im Test: ShockWiz™ Fahrwerkssetup System für Luftfederelemente
Zugstufe, Druckstufe und Sag sind die gängigen Einstellungen an Deinem MTB. Bis zum richtigen Setup kann es ein langer Weg sein. ShockWiz hilft!
Habt ihr ein ordentlich eingestelltes Fahrwerk? Seid ihr der Typ von Fahrer, der vom eingestellten Fahrwerk die Finger lässt oder doch gerne mal mit den Einstellungen an Gabel und Dämpfer spielt?
Die aktuellen Solo-Air Federelemente bieten nicht nur gute Performance, sondern auch viele Tuning Möglichkeiten an der Luftfeder und den Dämpfungseinheiten. Die Möglichkeiten gestatten aber auch, mit den Einstellungen ordentlich daneben zu liegen. Um das richtige Setup und Tuning für Luft-Fahrwerke zu ermitteln, wurde das Quarq ShockWiz™ entwickelt. ShockWiz™ wurde als Kickstart-Projekt initiiert, Anfang 2016 konnte SRAM das ShockWiz™ Konzept übernehmen, weiterentwickeln und unter der Marke Quarq auf den Markt bringen.
Anwendung des Quarq ShockWiz™ Systems
Die ShockWiz™ Box wird über das Schraderventil mit einem Solo-Air Federelement verbunden. Ein Drucksensor und ein Mikroprozessor in der Box zeichnen während der Fahrt 100 mal pro Sekunde die Luftdruckänderungen in der Luftkammer auf und werten die Daten anhand eines fein abgestimmten Algorithmus aus.
Lieferumfang ist übersichtlich und genau das macht ShockWiz™ attraktiv.
Die Ergebnisse der Auswertung können dann während und nach der Fahrt auf einer Smartphone App ausgelesen werden. Das Smartphone braucht dazu während der Fahrt nicht mitgeführt werden. In der App werden unerwünschte Einflüsse am Fahrwerk aufgezeigt und gleichzeitig eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen gegeben. Hierzu gehören, neben der Anpassung des eingestellten Luftdrucksetups, Optimierungen der zugehörigen Federkennlinie über Tokens, Abstimmungen von Rebound, Low-und Highspeed Compression und dem Bottom Out.
Die ShockWiz™ App findest du als gratis Download im App Store
Um zu begutachten, was das ShockWiz™ wirklich drauf hat, konnte ich das Tool schon einige Tage vor Verkaufsstart testen. Die Bedingungen in Aachen waren mit unter 0° und Schnee auf den Trails nicht ideal, um das Fahrwerk richtig herhalten zu lassen. Das konnte mich aber nicht davon abhalten, einige Testausfahrten mit dem ShockWiz™ zu starten.
Nicht die einfachsten Bedingungen zum testen
Auspacken des Quarq ShockWiz™ Systems
Beim Auspacken stellte ich fest, dass der Verpackungsinhalt auf das wesentliche beschränkt ist: das ShockWiz™ Tool, ein Gummipuffergehäuse, ein kurzer, zu jeder Seite abgewinkelter Hochdruckschlauch, ein längerer, nur zu einer Seite abgewinkelter Hochdruckschlauch und ein paar Kabelbinder.
Die Montage ist kinderleicht. Einfach die Messenheit mit den Schläuchen an Dämpfer oder Gabel befestigen und den Anweisungen in der App folgen.
Dazu gibt die Verpackung einen Hinweis zum App-Download und zur Online-Bedienungsanleitung. Mehr braucht man auch nicht. Die App findet ihr unter dem Suchwort „ShockWiz“ für Android und iOS in eurem Appstore, unter „Quarq“ findet ihr nur die App zum Powermeter. Die ausführliche, Smartphone optimierte Bedienungsanleitung mit Informationen zur Kompatibilität von Federelementen findet ihr unter www.shockwiz.com.
Montage und Kalibrierung
Als ersten Schritt wird das Tool mit Hochdruckschlauch und danach dem Federelement verbunden. Für die Gabel ist der lange, für den Dämpfer der kurze Hochdruckschlauch geeignet. Das Tool hat zwei Ventile mit unterschiedlichen Abgangswinkeln. An welchen der Hochdruckschlauch montiert wird, spielt keine Rolle. Es ist ratsam, das System so zu montieren, dass der Schlauch möglichst wenig geknickt wird. Erst den Schlauch handfest an die Box montieren, dann an das Federlement. Beim Dämpfer wird das Tool mit Kabelbindern an der Luftkammer befestigt, bei der Gabel an der Gabelkrone. Kollisionen beim Lenkeinschlag, Pedalieren oder Einfedern sind zu prüfen und zu verhindern.
Bei der Montage musst du nur darauf achten, das nichts schleift oder Lenkwinkel beeinträchtigt.
Jetzt kann die App gestartet und von dort über Bluetooth mit dem Tool gekoppelt werden (connect…). Sollte das Tool nicht in der App auftauchen, ist es eventuell aus. Dann genügt ein kurzer Ruck und das ShockWiz™ ist aktiviert. Es blinkt dann rot, in längeren Intervallen. Beim ersten Connect startet direkt ein Wizard zum Kalibrieren des Systems. Wurde dieser abgebrochen, kann der Wizard in der Menüleiste unter „Settings“ erneut aufgerufen werden. Mit Hilfe des Wizards wird das Verdichtungsverhältnis der Luftkammer ermittelt (compression ratio). Dazu wird zunächst die Luft aus der Kammer gelassen und dann Referenzpunkte bei voll ausgefedertem und voll eingefedertem Federelement genommen. An der Stelle ist eine 2. Person hilfreich, aber nicht zwingend notwendig, wenn man das Smartphone in Griffweite ablegen kann. Über das Verdichtungsverhältnis wird in der Auswertung der relative Hub (shock travel [%]), sowie die Ein-und Ausfedergeschwindigkeit unter einer Belastungseinwirkung berechnet.
Beim ersten Connect startet direkt ein Wizard zum Kalibrieren des Systems.
Wenn an der Luftkammer eine Volumenanpassung durchgeführt wird, muss das Verdichtungsverhältnis neu ermittelt werden. Bei meiner Gabel wurde so ein Verhältnis von 2,6 ermittelt, bei meinem Dämpfer 2,5. Zum Luftablassen und späteren Aufpumpen kann das 2. Ventil an der ShockWiz™ Box genutzt werden. In der App wird der Luftdruck live übertragen (air pressure), so kann der Druck beim Aufpumpen auf eine Nachkommastelle kontrolliert und angepasst werden. Es ist also kein Problem, nach dem Kalibrieren den gewohnten Druck wieder exakt zu übernehmen.
In der App wird der Luftdruck live übertragen (air pressure), so kann der Druck beim Aufpumpen auf eine Nachkommastelle kontrolliert und angepasst werden.
Das war schon fast alles, bevor es zur ersten Ausfahrt losgehen kann. In der App muss nun eine neue Session gestartet werden, bei der die Datenlage zurückgesetzt und das Nullniveau des Hubs gesetzt wird. Das Nullniveau kann auch separat durch Anwählen des relativen Hubs (shock travel [%]) gesetzt werden. Dieses ist abhängig von Außentemperatur und Höhe und sollte daher erst kurz vor Fahrtantritt eingestellt werden. Außerdem ist die Einstellung eines Höhenbereichs, durch Anwahl des Drucks (air pressure), und des Fahrstils notwendig (tuning style: aggressiv, playful, balanced, efficient), nach der sich die spätere Auswertung richtet. Das Smartphone muss während der Fahrt nicht mitgeführt werden. Die Daten verbleiben so lange auf dem Tool gespeichert, bis eine neue Session gestartet wird. Egal ob ihr mit der Gabel oder dem Dämpfer startet, der SAG sollte bei beiden Federelementen grob stimmen, da vom SAG jedes Federelements eure Fahrposition und damit die Belastung auf das Federelement abhängig ist.
Jetzt geht es ab auf den Trail. Und das nicht zu knapp. Für eine stabile Auswertung wird eine größere Anzahl von unterschiedlichen Ereignissen benötigt. Die Ausfahrt sollte von ruppigen Wurzelpassagen über schöne Anliegerkurven bis hin zu Sprüngen und Drops etwas zu bieten haben. Auch eine ausgewogene Passage zum Pedalieren sollte dabei sein. Das Fahrwerk muss ordentlich gefordert werden. Wichtig ist, dass während einer Session am Testobjekt keine Einstellungen vorgenommen werden, auch kein Lockout und erst recht keine Absenkung des Fahrwerks.
Die CR2032 Knopfzellenbatterie lässt sich übrigens sehr einfach wechseln. Dazu kann das transparente Gehäuse vorsichtig mit einem Schraubenzieher vom Alukörper gehebelt werden.
Auswertung des Quarq ShockWiz™
Je mehr Ereignistypen abgearbeitet werden, desto mehr Punkte werden in der App in der Auswertung (detections) frei geschaltet. Und je häufiger die einzelnen Ereignisse eintreffen, desto höher steigt die Qualität der Datenlage (confidence [%]). Entsprechend der Auswertung werden Vorschläge (suggestion) zur Anpassung des Fahrwerks gegeben.
Je mehr Ereignistypen abgearbeitet werden, desto mehr Punkte werden in der App in der Auswertung (detections) frei geschaltet.
Erst ab einer confidence von über 50 % sollen Änderungen den Vorschlägen entsprechend umgesetzt werden. Solange nicht alle Auswertungen eingetroffen sind, kann keine Datenqualität von 50 % erreicht werden. Tauchen unter den Verbesserungen mehrere Punkte auf, so darf immer nur eine Einstellung angepasst werden, von oben beginnend. Danach muss eine neue Session gestartet werden.
Erst ab einer confidence von über 50 % sollen Änderungen den Vorschlägen entsprechend umgesetzt werden.
Bei mir hat es mehrere Trails lang gedauert, bis ich ausreichende Daten für meine Gabel gesammelt hatte, die aussagekräftige Vorschläge boten. Von der Seite der Analyse (detections) war ich bereits bei allen Punkten im grünen Bereich, grundlegend war mein Fahrwerk also schon nicht falsch. Und doch gab es einige Verbesserungsvorschläge, die zu prüfen und erneut zu testen waren. Bei mir war es zum einen ein zu hoher Basisluftdruck und eine zu starke Highspeed-Compression. Beides deckte sich auch mit meinem persönlichen Empfinden. Bei den Wetterverhältnissen konnte ich das Fahrwerk nicht an die Grenze bringen und die Druckstufe war aufgrund der Minusgerade am Ende komplett zu. Meine Federkennlinie und der Bottom Out der Gabel scheinen angemessen zu sein, was mich sehr beruhigt.
Fazit zum Quarq ShockWiz™
Das Tool ist schnell eingerichtet und die App ist intuitiv aufgebaut. Zu allen Einstellmöglichkeiten in der App gibt es eine ausführliche und leicht erreichbare Erläuterung. Das macht das ShockWiz™ schnell zugänglich für Einsteiger. Das Ergebnis ist auffallend gut und hat auch für den Fahrwerksprofi noch hilfreiche Vorschläge zur Optimierung zu bieten. Das montierte Tool schränkt die Funktion des Fahrwerks nicht ein, stört nicht und bringt auch kein nennenswertes Zusatzgewicht mit sich.
Das Tool ist schnell eingerichtet und die App ist intuitiv aufgebaut. Zu allen Einstellmöglichkeiten in der App gibt es eine ausführliche und leicht erreichbare Erläuterung.
Einmal eingerichtet, bedarf es nicht mehr als einen Klick in der App, um eine neue Session zu starten. Für mich wird es daher kein Tool sein, was man einmal benutzt und dann im Werkzeugkasten verstaubt. Ich sehe es als dauerhaften Ratgeber am Bike, das mir nicht nur bei einem Wechsel von Bike oder Federelement, sondern auch einem Tag im Bikepark oder einem alpinen Bikeurlaub einen schnelleren Einstieg in ein ausgewogenes Fahrwerk ermöglicht. Es stellt sich also nicht die Frage, ob man das Tool braucht, sondern eher, warum man es eigentlich nicht kaufen sollte!