Im Test: Zipp 303 Firecrest Clincher Carbon Laufradsatz
Zipp hat die komplette Range der Laufradsätze für Rennrad-Felgenbremsen überarbeitet. Hier den nagelneue Zipp 303 Firecrest.
Seitdem ich Rennrad fahre, habe ich Laufradsätze von Zipp stets bewundert. All meine Helden fuhren schließlich auf Zipp Wheels zu ihren Erfolgen - seien es Fabian Cancellara oder Tom Boonen bei den Frühjahrsklassikern, das grüne Trikot der Tour im Sprint oder Tony Martin als Zeitfahrweltmeister. Zipp ist bei vielen Teams die erste Wahl, nicht umsonst waren Zipp 303 die ersten Carbon-Laufräder, auf denen ein Kopfsteinklassiker gewonnen wurde. Umso gespannter war ich vor dem Test, ob die neuen Firecrest-Laufräder meine Erwartungen erfüllen werden.
Viele Hersteller fokussieren ihre Innovationsarbeit nur noch auf Disc-Laufräder. Nicht aber Zipp, denn für 2018 wurde die komplette Palette der Carbon-Laufradsätze für Felgenbremsen geupdated und neben den Topmodellen der NSW-Serie wurden auch die Firecrest-Modelle komplett überarbeitet. Ich habe den Zipp 303 Firecrest nun einige Wochen auf den unterschiedlichsten Terrains getestet und kann bereits jetzt sagen, dass sie meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen haben.
Aus NSW wird Firecrest
NSW steht für „Nest Speed Weaponry“ und repräsentiert den state of the art hinsichtlich der Entwicklung von Carbon-Laufradsätzen im Hause Zipp. Für die neue Serie der Firecrest-Laufräder werden nun die 2017er NSW-Felgen verwendet. Zipp spendiert der Firecrest-Range hier also ein Update und hebt die ohnehin schon in der Topliga spielenden Firecrest auf ein neues Level, während die 2018er NSW sogar nochmals kleinste Verbesserungen im Bereich der im Radrennsport so beliebten „marginal gains“ erhalten.
Im Zentrum der neuen Firecrest 303 drehen sich die Zipp 77/177 Naben, welche seidenweich laufen und durch jahrelange Erfahrungen im Einsatz bei den Frühjahrsklassikern auch extrem haltbar sind. Die Verbindung zu den in Indianopolis handgefertigten Felgen wird mit Sapim CX-Ray Speichen hergestellt. Die 45mm hohen Felgen haben eine Innenweite von 17mm und sind vollgepackt mit den besten Technologien von Zipp: AeroBalance Felgenprofil, ABLC SawTooth Dimples und Showstopper Bremsfläche – aber dazu später mehr. Das Gesamtgewicht beträgt übrigens selbst gewogene 1518 Gramm, was für einen 45mm hohen Clincher-Laufradsatz durchaus konkurrenzfähig ist wie ich finde – zumal Zipp hier den Anspruch hat, einen alltagstauglichen Allrounder anzubieten.
Aerodynamik
Natürlich war ich nicht Im Windtunnel mit den Laufrädern – das haben die Ingenieure von Zipp ja bereits erledigt. Das „AeroBalance“ – Felgenprofil soll laut Zipp zu einem sehr stabilen, schnellen Fahrverhalten ohne Windanfälligkeit führen und das kann ich bestätigen. Die Seitenwindanfälligkeit ist gleich Null und die Beschleunigung ist nahezu explosiv– man hat das Gefühl, dass die Felgen jedes Watt direkt auf die Straße übertragen. Der charakteristische Sound der Zipp-Felgen verstärkt das Feeling nochmals und es macht einfach Spaß mit diesen Laufrädern schnell zu fahren. Dazu trägt auch die „ABLC SawTooth-Technologie“ bei – der Name für die „Dimples“, der Golfball-ähnlichen Oberfläche auf den Felgen. Diese wurden nochmals optimiert und helfen dabei, bereits bei niedrigen Geschwindigkeiten den Luftstrom gekonnt um die Felge zu führen und Luftverwirbelungen auf ein Minimum zu reduzieren. Was erstmals nach Raketenwissenschaft klingt, spürt man auf dem Rad tatsächlich: Hohe Geschwindigkeiten in der Ebene hält man viel leichter aufrecht als mit klassischen Laufradsätzen und auf schnellen Abfahrten konnte ich plötzlich viel schwerere Fahrer locker überholen ohne mitzutreten. Aerodynamisch sind die Zipp 303 definitiv führend!
Viel Technologie auf kleinem Raum: Showstopper Bremsfläche, AeroBalance-Felgenprofil und die ABLC SawTooth-Technology getauften Dimples.
Bremsleistung auf Alu-Niveau
Eins der meist diskutiertesten Themen rund um Carbonfelgen ist die Bremsperformance. Zipp hat hier eine Menge Entwicklungsarbeit geleistet, was in der einzigartigen „Showstopper-Technologie“ resultiert.
Der Anspruch war hier nicht bloß eine Bremsleistung zu erzielen, die „für eine Carbonfelge sehr gut“ ist, sondern Bremsperformance auf allerhöchstem Niveau – ungeachtet des Werkstoffs.
Die Bremsfläche ist hier nicht aus gewöhnlichen Carbonfasern, sondern aus Silikon Carbid und erlaubt eine hervorragende, vorhersehbare Modulation der Bremse. Charakteristisch sind dabei die 317 Querrillen in Rotationsrichtung auf der Bremsflanke, die Nässe schnell abtransportieren und speziell auf die Interaktion mit den Zipp Tangente Platinum Pro EVO Bremsbelägen hin entwickelt wurden.
Die kleinen Querrillen auf der Showstopper-Bremsfläche transportieren Nässe hervorragend ab.
Die Zipp Tangente Platinum Pro EVO Bremsbeläge sind optimal auf die Showstopper-Bremsfläche abgestimmt.
Und das spürt man, denn im Nassen überzeugt die Bremsleistung besonders. Hier kommt man nicht nur sehr schnell zum Stehen, sondern hat eine für Nässe unerreicht gute Dosierbarkeit zur Verfügung – das kannte ich von Carbonfelgen so noch nicht! Einziger Wermutstropfen ist hier der Verschleiß der von Zipp empfohlenen Bremsbeläge, welche nach 800km und knapp 10.000 hm bereits deutlichen Verschleiß zeigten. Allerdings sollte das nicht abschrecken, denn die Bremsleistung ist tatsächlich überragend! Zipp gibt jedoch auch eine Reihe weiterer Bremsbeläge frei, darunter auch die Swissstop Black Prince, welcher im Test zwar weniger verschliss, aber auch minimalste Abstriche hinsichtlich Dosierbarkeit der Bremsleistung mit sich brachte.
Härtetest: Eine ganze Saison in einem Monat
Beim Testzeitraum hatte ich Glück: Während der vier Wochen, die ich zum Testen zur Verfügung hatte, bin ich vom Granfondo in den Vogesen über lange Passabfahrten in Österreich bis hin zu Klassikerstrecken in Belgien und Luxemburg alle erdenklichen Terrains mit dem Test-Laufradsatz gefahren. Schwächen konnte ich hier tatsächlich keine ausfindig machen – Stärken jedoch en Masse. Auf allen Terrains haben sie mich voll und ganz überzeugt:
Die Kombination aus hervorragender Bremsleistung, vorhersehbarem Handling, immenser Reaktionsfreudigkeit im Antritt und mehr als ausreichender Steifigkeit machen die Laufräder für mich zur Allzweckwaffe!
In langen Passabfahrten hatte ich stets Vertrauen in die Laufräder und deren Bremsleistung, konnte die Kurven schön scharf anbremsen und dank des direkten Handlings gut durchzirkeln. Genau deswegen haben sie mir eigentlich den meisten Spaß im hügeligen Terrain der Frühjahrsklassiker bereitet – enge Kurven, zig kurze Bergsprints, Seitenwind und das alles auf schlechten Straßen oder gar Kopfsteinpflaster – für die Zipp 303 kein Problem. Im Gegenteil, sie waren hier nicht nur sauschnell, sondern in Verbindung mit den Zipp Tangente Course Reifen in 25mm auch überraschend komfortabel für einen derart steifen Carbon-Laufradsatz.
Der neue Zipp 303 Firecrest Carbon Laufradsatz.
Alltagstauglich, schnell und schön!
Nun, ist der Zipp 303 also der ultimative Laufradsatz? Für mich ein klares Ja! Die sowohl im trockenen als auch im nassen ausgezeichnete Bremsleistung macht ihn für alle Einsatzbereiche alltagstauglich, das Gewicht ist konkurrenzfähig und technisch ist der Laufradsatz auf allerhöchstem Niveau!
Würde ich vor der Wahl stehen, mir einen Laufradsatz für alle Einsatzzwecke kaufen zu müssen, die neuen Zipp 303 Firecrest wären meine erste Wahl.
Schließlich sind sie wahre Allrounder, was zum einen den Anschaffungspreis relativiert und zum anderen das lästige Wechseln von Laufrädern unnütz werden lässt. Wer sich nur noch einen Laufradsatz für alle Bereiche wünscht, sollte seine Kaufentscheidung zugunsten der Zipp 303 treffen!