Im Test: Liteville 301 Mk12
Im Vergleich zu meinem Mk10 hat sich einiges getan: Das Rad kommt nun standardmäßig im scaled sizing-Setup...
Mein erstes 301 habe ich mir vor gut 3 Jahren zugelegt. Etwas skeptisch, ob solch ein leichter Rahmen für den harten Enduroeinsatz tauglich ist, habe ich das Rad standesgemäß auf einer Dachterrasse im Bike-Mekka Portes du Soleil aufgebaut und tags drauf durch steinig-verblockte Hohlwege gejagt. Seitdem bin ich von der Funktion, Qualität und Haltbarkeit der leichten Rahmen aus dem Allgäu immer mehr überzeugt. Das MK10 hat mir in der Zeit hervorragende Dienste geleistet und an sich sah ich nie die Notwendigkeit für etwas Anderes.
Als jedoch vor einem halben Jahr das Angebot von bc kam, die nagelneue 301 Mk12 Werksmaschine in den Dauertest zu schicken, musste ich kurz schlucken und war natürlich Feuer und Flamme. Kurze Zeit später war es dann so weit: Superleicht, superschnittig und mit sämtlichen technischen Neuerungen ausgestattet stand das Mk12 dann vor mir.
Im Vergleich zu meinem Mk10 hat sich einiges getan:
Das Rad kommt nun standardmäßig mit scaled sizing-Setup, was bedeutet, dass die Geometrie bei Rahmengröße L auf ein 27,5" Vorderrad in Verbindung mit einem klassischen 26" Hinterrad ausgelegt ist. Das größere Vorderrad soll Laufruhe in die Fahrt bringen und das Überollverhalten verbessern, während das angetriebene kleinere Hinterrad Agilität und Beschleunigung garantiert.
Liteville 301 Mk12
Wie schon beim Mk11 bietet der Rahmen die Option, einen Syntace VarioSpin Steuersatz zu verbauen, der den Lenkwinkel um mehr als 1° abflacht und das Rad so noch potenter im Downhillbetrieb machen soll.
DuoLink Funktion
Neben des scaled sizing-Standards hat man beim aktuellen Modell nun außerdem die Möglichkeit, über den sogenannten DuoLink hinten sowohl ein 26"- oder aber ein 27,5" Laufrad zu verbauen. So hat jeder Fahrer die Option, auf unterschiedliche Laufradgrößen oder eben auch auf einheitliche 27,5"-Laufradgröße zu setzen.
Rock Shox Monarch DebonAir-Dämpfer
Beim Mk12 verbaut Liteville erstmals einen Rock Shox Monarch DebonAir-Dämpfer. Eine super Wahl, wie sich später herausstellen soll. Zu den weiteren Features gehört zum Beispiel eine Direct Mount-Umwerfer-Option direkt am Rahmen, eine Leitungsausführung am Sitzrohr für die Rock Shox Reverb Stealth Sattelstütze und der Syntace X-Fix, ein in der hinteren Steckachse integriertes Notfallwerkzeug.
SRAM Kurbel
Die weitere Ausstattung der Mk12 Werksmaschine setzt sich folgendermaßen zusammen: Rock Shox Pike Solo Air 27,5" Gabel, Syntace W35 MX-Laufräder, SRAM X01-Triebwerk und SRAM Guide RSC-Bremse. Garniert wird das Ganze dann durch die bekannte Syntace SCS Kettenführung, Megaforce Vorbau, Vector Carbon Lenker und SQLab Carbonsattel auf der Reverb-Stütze.
Syntace Cockpit
Die erste Fahrt
Die erste Ausfahrt mit einem neuen Bike mache ich normalerweise am liebsten auf unseren bekannten Hometrails und gehe es erstmal sachte an. Dafür blieb diesmal leider keine Zeit, so durfte sich das 301 direkt auf den Geröllpisten rund um Alpe d´Huez auf der Megavalanche 2015 beweisen. Schon auf den ersten verblockten Trailabschnitten offenbart sich mir hier das scaled sizing-Konzept: Das Rad liegt spürbar laufruhiger im groben Geläuf, während die höhere Trägheit kaum zu spüren ist, da das Hinterrad ja konventionell im 26"-Durchmesser rotiert. Die Geometrie wurde augenscheinlich sinnvoll angepasst, so dass sich die Fahrposition kaum vom bewährten Mk10-Konzept unterscheidet. Ein entscheidender Faktor ist außerdem der hervorragende Rock Shox Monarch DebonAir Dämpfer, der mit mehr Sag gefahren werden kann, ohne durch den Federweg zu sacken oder gar durchzuschlagen. Ich habe mit diesem Fahrwerk mehr Bodenhaftung, insbesondere in ruppigen Kurven oder harten Steinfeldern. Stumpfe Landungen verzeiht der Monarch, ohne mit der Wimper vom Dämpferauge zu zucken.
Auch in der Luft zuhause
Von Durchschlag keine Spur, und das bei fast schon übertriebenen 40% Sag, die dabei helfen, die Beine auf der einstündigen Abfahrt geschmeidig zu halten. Die vorn verbaute Rock Shox Pike fahre ich deutlich straffer bei 20-25% Sag, trotzdem schluckt sie jeden Kiesel, bietet großzügige Reserven und harmoniert prächtig mit dem Rest des Fahrwerks. Der Syntace Vector Carbon-Lenker hat spürbar bessere Dämpfungseigenschaften als ein Alulenker und beugt so verkrampfenden Händen vor. An SRAM´s neue Vierkolben-Bremse Guide RSC musste ich mich kurz gewöhnen, da sie einen etwas weicheren Druckpunkt als die bissigen Shimano-Stopper hat. Einmal dran gewöhnt, kommen aber auch die Vorteile zu Tage: Die Bremse hat die gleichen Nehmerqualitäten, wenn die Schwerkraft schiebt, überzeugt aber durch ein gutmütigeres Bremsverhalten und super Dosierbarkeit. Lediglich die Syntace Moto-Griffe sind mir zu hart und mussten daher einem Exemplar mit mehr Dämpfung weichen. Meine Empfehlung hier zum Beispiel die Sixpack K-Trix Griffe, die für meine Hand die optimale Dicke und gute Dämpfungseigenschaften haben.
Das Fahrwerk arbeitet prächtig
Kommen wir zu den Laufrädern: Extrem breite Felgen wie die W35 von Syntace bin ich noch nie gefahren und sah in dem Trend auch nie eine große Notwendigkeit. Aber auch hier zeigt sich, dass das Konzept nicht nur graue Theorie ist: Die Reifen werden satter von der Felge geführt und bauen breiter. Dadurch wird mehr Grip und Traktion generiert. Den größten Vorteil allerdings sehe ich in starken Kompressionen wie schnellen Anliegerkurven, wo der Reifen nicht mehr dazu neigt, seitlich von der Felge zu "schwimmen". So entsteht für mich ein sichereres, kontrollierteres Fahrgefühl in aggressiv gefahrenen Kurven oder bei z.B. seitlich abfallenden Landungen.
Unterwegs auf dem Trail
Auch die 1x11 Gruppe aus der X01-Familie von SRAM ist für mich neu, da ich bisher einen bewährten Shimano 2x10-Antrieb gefahren bin. Durch den Wegfall des linken Schalthebels kann man einerseits den Remote-Hebel der Sattelstütze perfekt positionieren und hat andererseits ein wesentlich einfacheres, direkteres System, was das Schalten angeht. Keine Quälerei mehr, wenn man vor einer plötzlichen Steigung vergisst, vorne runterzuschalten: Die Gänge an der riesigen 10-42 Kassette rasten blitzschnell und definiert ein. Durch das harte, knackige Schaltverhalten weiß man immer genau, wo man dran ist. Das Zusammenspiel von hoher Spannung des Schaltkäfigs, der SCS-Kettenführung und der speziellen Auslegung des Kettenblatts mit abwechselnd breiten und schmalen Zähnen lässt klappernde oder gar abspringende Ketten endgültig der Vergangenheit angehören. Der Antrieb ist auf der Abfahrt so gut wie nicht mehr zu hören, dafür umso mehr die aggressiv klingende Syntace HiTorque MX-Nabe.
Einziger Wermutstropfen der X01 ist die leicht gestutzte Bandbreite gegenüber einem 2fach-Antrieb, daher fahre ich auf alpinen Touren mit viel Uphill ein 30 Zähne Kettenblatt und montiere für heimische Ausfahrten im Wald und für Rennen ein 34er Blatt, um höhere Geschwindigkeiten treten zu können.
Scaled Sizing klar sichtbar
So komme ich zu folgendem Zwischenfazit nach der Halbzeit meines Dauertests:
Das 301 Mk12 ist die konsequente Weiterentwicklung eines ohnehin schon sehr guten Do-it-all Bikes, nun noch potenter in der Abfahrt, absout tourentauglich und gleichzeitig für Freeride- und Bikeparkeinlagen zu haben. Die Firma Liteville bleibt ihrem Konzept der schrittweisen Evolution treu und stellt so ein absolut stimmiges, zeitloses Paket auf die Beine.
Ich fahre Rahmengröße L bei 183cm Körpergröße, passt mir perfekt.
Interesse geweckt? Dann ruft uns an, kommt vorbei, fahrt eins unserer Testräder Probe und überzeugt euch selbst. Bei Fragen stehe ich immer gern am Telefon für euch bereit!
All hail the trail!
Euer Rainer