Tubeless für Nachzügler - Schwalbe Fat Albert Montage- und Fahrbericht
Warum nicht mal tubeless ausprobieren und dabei den neuen Schwalbe Fat Albert testen? Der nicht ganz pannenfreie Bericht eines Nachzüglers.
Warum nicht doch mal Tubeless ausprobieren und dabei das neue Schwalbe Fat Albert Evolution SnakeSkin TrailStar/PaceStar Set 27,5" testen? Der nicht ganz pannenfreie Bericht eines Nachzüglers, der sich bisher gescheut hatte, den Schlauch einfach wegzulassen.
Ich sitze seit vielen Jahren auf dem MTB. Begonnen habe ich Mitte der 90er Jahre und natürlich bin ich auch Schwalbes Fat Albert Reifen gefahren. Dieser hat vor mehr als 15 Jahren den Reifenmarkt mit innovativem Design und 2,4“-Breite revolutioniert. Endlich gab es einen ordentlichen Kompromiss: bergauf wenig Rollwiderstand und bergab viel Traktion und Seitenhalt für Downhill und Trail. Der Fat Albert hatte viel Erfolg in Tests und wurde rund um die Welt gut verkauft, bis er Ende 2014 eingestellt wurde.
Jetzt sind wir im Jahr 2016, die Bikes haben sich weiterentwickelt: mehr Federweg, bessere Bremsen, aber auch besseres Kletterverhalten und natürlich wird extremer gefahren, mit den neuen Enduro und All Mountain Bikes. Zudem haben sich Reifengrößen verändert und Tubeless hat sich bei vielen Fahrern durchgesetzt.
Schwalbe Fat Albert Evolution SnakeSkin TrailStar/PaceStar Set 27,5"
Tubeless-Montage leicht gemacht
Und bei mir? So manchen Trend bin ich mitgegangen, aber ich fahre weiterhin mit Schläuchen. Zeit, dies zu ändern! Runter kommen dafür Rock Razor und Magic Mary und dafür montiere ich den zur Eurobike 2015 vorgestellten Fat Albert 2,35, und zwar tubeless. Ich hatte mich immer gewehrt, doch die Argumente meiner Kollegen wie „So eine Sauerei ist das gar nicht“ oder „Die Vorteile durch Zugewinn an Traktion, Gewichtseinsparung und Plattensicherheit“ haben mich überzeugt, es zu probieren.
Schwalbe Fat Albert und Tubeless Montagekit
Easy Fit, aber mit Rückfragen
Also ein Tubeless Kit und die Reifen zusammengesucht und los geht es. Ich säubere die Felgen gut und klebe das Felgenband unter Spannung ein. Dabei gehe ich sorgfältig und langsam vor, um Falten und Luftblasen zu vermeiden. Nun setze ich die Ventile ein und versuche die Reifen zunächst ohne Dichtmilch aufzuziehen – und zwar mit der Standpumpe. Pustekuchen, das klappt nicht. Ich habe einen Kompressor zur Hand und so gelingt mir das Ganze beim Hinterreifen problemlos, der Reifen setzt sich unter lautem Ploppen sehr schnell. Ich hatte vorher noch die Flanken mit Tubeless Easy eingerieben. Spülmittel mit Wasser verdünnt soll es auch tun. Jetzt die Luft wieder raus und Dichtmilch über das Ventil eingefüllt. Wiederum Luft drauf, die maximalen 3,5 Bar, der Reifen setzt sich und ist dicht. Wow, das ist easy.
Montage Tubeless-Felgenband. Nicht nötig bei Tubeless Ready Felgen.
Also zum Vorderreifen: Hier spare ich mir das vorherige Aufpumpen ohne Milch. Und dies wird mir zum Verhängnis. Der Reifen setzt sich nicht und auf meinem Kellerboden macht sich eine weiße Pfütze breit. Mist! Also trocknen, Klebeband und Ventil überprüfen, aber ohne Erfolg, der Reifen will sich einfach nicht setzen.
Für die Tubelessmontage kann ein Luftkompressor hilfreich sein.
Da ich an der Quelle sitze, kontaktiere ich Schwalbe direkt und berichte über meinen Misserfolg. Wir sprechen über produktionsbedingte kleine Unterschiede im Reifendurchmesser und den Umfang und die Breite von Felgen. Aber eigentlich soll es doch passen. Die Realität sieht anders aus! Vorschlag von Schwalbe: Für 24 Stunden einen Schlauch mir 3,5 bar einziehen, damit der Reifen die Form der Felge annimmt und es dann noch mal probieren. Gesagt, getan und es funktioniert, der Reifen hält die Luft.
Elektronischer Luftdruckprüfer von Schwalbe. SchnickSchnack sagen die einen. Super die anderen.
Ab auf den Trail
Und jetzt rauf aufs Rad. Ich wiege 85 kg und entscheide mich für 1,9 bar hinten und 1,7 bar vorne, jeweils 0,2 bar weniger als mit Schläuchen. Natürlich ist mein Rad auch noch mal leichter geworden, da die Reifen in 27,5“ nur 750 g wiegen. Tatsächlich fast wie vom Hersteller angegeben. Vorder- und Hinterreifen unterscheiden sich im Profildesign. Theoretisch macht das Sinn, mal sehen, wie es in der Praxis aussieht. Erster Eindruck: angenehm breiter Vorderreifen, der Seitenhalt suggeriert, ohne viel Rollwiderstand zu verursachen.
Fat Albert Rear Evolution SnakeSkin PaceStar
Der Hinterreifen lässt mich an einen Traktorreifen denken. Mal sehen, wie er rollt und wie viel Vortrieb er bietet.
Um mir einen besseren Eindruck von den Reifen zu machen, fahre ich die gleiche Strecke mehrmals ab. In meinem Fall einen kurvigen Trail mit leichtem Gefälle über recht weichen und feuchten Laubwaldboden. Mit jedem Lauf fahre ich die Kurven schneller an und achte dabei auf das Verhalten der Reifen. Sowohl hinten wie vorn erstaunt mich die Traktion bei Schräglage. Das ist gut, gibt Sicherheit. Natürlich hat auch dies seine Grenzen, doch die Reifen schmieren nicht abrupt ab, sondern geben langsam nach.
Fat Albert Front Evolution SnakeSkin TrailStar
Mein zweiter Test führt mich steil bergauf. Hierbei achte ich auf die Traktion des Hinterreifens. Diese Probe besteht der Fat Albert mit Bravour. Sowohl auf losem Untergrund wie auch auf rutschigem Boden fällt es mir schwer den Reifen zum Durchdrehen zu bringen. Ein Grund dürfte die Tatsache sein, dass sich wenig Dreck im Profil festsetzt. Großartig!
Sebastian fährt einen Trail mehrmals um sich ein Bild zu machen.
Als Letztes bremse ich aus höherer Geschwindigkeit auf einem Pfad stark ab, um dann in eine schmale 180-Grad-Kurve einzubiegen. Es geht um die Traktion und den Seitenhalt. Natürlich ist es subjektiv, doch auch hier gibt mir der Vorderreifen viel Sicherheit, weil er macht, was er soll: verzögern und Spur halten.
Meine Testrunde beinhaltet auch noch den einen oder anderen ruppigen Downhill mit Wurzeln und großen Steinen und einige Stufen. Nirgendwo ist es mir "gelungen", platt zu fahren.
Fazit: Fat Albert ist ein guter Allrounder für den Traileinsatz und Touren.
Mein Fazit:
Der neue Fat Albert ist ein guter Allrounder für den Traileinsatz und für Touren, da er bergauf und bergab mit Traktion und Seitenhalt glänzen kann. Trotzdem wird er auf Forstautobahnen nicht zum Hindernis durch sein exzellentes Abrollverhalten. Was Tubeless angeht, so war es nicht so easy wie beschrieben, aber der Trick mit dem Schlauch zum Setzen des Reifens direkt von Schwalbe war goldwert.
Die zweite Stimme: Ferdis Eindruck
Als ich den neuen Schwalbe Fat Albert zum ersten Mal in der Hand hatte und ihn testen sollte, schoss mir nur eins durch den Kopf: „Ich brauch‘ schlechtes Wetter, um den richtig zu testen!“ Denn mit seinem sehr offenen Profil geht der Schwalbe Fat Albert schon fast in Richtung Matschreifen. Aber ich glaube nicht, dass das Ziel des Entwicklers war, einen reinen Matschreifen zu entwickeln. Heutzutage muss ein Reifen - so wie die Bikes - alles können. Also musste ich ihn auch unter allen Bedingungen testen.
Schon auf der ersten Ausfahrt im Bergischen sollte ich alle Untergründe und Wetterlagen, wie sich herausstellen sollte, abdecken.
Ich fuhr los auf festem, sehr trockenem Bikeparkboden. „Für sein offenes Profil rollt er ganz okay“, dachte ich und nahm Anlauf, um ein paar Sprünge und Steilkurven hinter mir zu lassen. Der Hinterreifen hat gut Grip, daher macht er es einem schwer gezielt auszubrechen. Nach ein paar Runden im dortigen Bikepark wanderte mein Blick auf das Profil. Am Vorderrad konnte man gut erkennen, welcher Teil des Reifens den Boden berührte. Es waren nur die zwei mittleren Reihen, genauso am Hinterrad. Durch dieses weit auseinanderstehende Profil geht viel Kontaktfläche verloren. Das wird man auf schnelleren und extremeren Strecken merken. Man sollte also auf sehr festem Boden in Kompressionen aufpassen nicht durch eine kleine Unebenheit wegzurutschen.
Fat Albert Evolution SnakeSkin TrailStar im Wald
Es zog mich nun auf die natürlichen Trails in der Umgebung. Hier ist alles dabei. Lockerer Mutterboden von neuen Trails, staubige Kurven, auf denen der Schwalbe Fat Albert viel Grip zur Verfügung stellt, da seine Stollen sich gut in den Boden graben und schnell auf den festen Untergrund stoßen.
Eine meiner Lieblingsstellen ist eine 30 Meter lange Steinabfahrt über glatten Schiefer. Hier rutscht jeder Reifen ein wenig, wenn man bremst. Ist nur die Frage wie viel. Ich fühlte mich auf dem Fat Albert sehr sicher - muss wohl an der Gummimischung liegen. Obwohl er dort nicht ganz mit einem waschechten Trockenreifen mithalten kann.
Schon zog sich wie üblich das Wetter zu und es regnete. Der nächste Trail ist einer der härtesten, die es dort gibt. Sehr steil über Wurzeln, Felsen, Offcamber-Kurven über losen, steinigen Boden und das Ganze mündet in eine Ausfahrt auf weichen Nadelwaldboden. Nicht gerade ein Trail, den man gern im Nassen fährt. Auf den Wurzeln hatte ich ausreichend Grip, um nicht abzuschmieren. Die Offcamber-Kurve war durch die ausgeprägten Seitenstollen leicht. Doch die steilen Felsabfahrten, die fast an Vancouver Island erinnerten, waren haarsträubend glatt. Ein Trockenreifen kommt damit im Nassen besser klar. Da es aber dann lange steil auf feuchtem, klebrigem Nadelwaldboden runterging, war ich froh, dass der Reifen sich so gut selbst reinigte. Ein Trockenreifen wäre mit Nadeln zugeklebt gewesen.
Fat Albert Evolution SnakeSkin TrailStar im Wald
Da ich mit dem Schwalbe Fat Albert schon an einem Tag alles durchmachte, war ich mit ihm sehr zufrieden. Auch die Wochen danach kam ich immer zum gleichen Ergebnis:
Dem Reifen vertraue ich! Da ich genau weiß, wann er Grip hat und wo ich aufpassen sollte.
Ich würde ihn nicht als Reifen für das ganze Jahr und alle Bedingungen empfehlen. Aber wer auf natürlichen Trails mit weichen Böden unterwegs ist, wird und muss ihn lieben.