Hausbesuch bei SQlab – Toby und die taube Nudel
Ein Schreckgespenst für jeden Biker: Erektile Dysfunktion. Aber keine Panik, nicht gleich den Urologen googeln. Erstmal weiterlesen…
Gen Süden zieht es uns Fahrradfahrer ja gerne einmal. Vor allem, wenn es in den heimatlichen Gefilden (z.B. rund um Aachen) noch herbstlich-matschig-winterlich zugeht auf den Straßen und Trails. Zwar liegt Taufkirchen bei München, die Heimat von SQlab, definitiv ebenfalls südlich von Aachen. Aber der schneereiche Winter in Bayern hatte auch dort seine kalten Spuren auf den Hometrails von SQlab respektive ION hinterlassen…
Wie jetzt? ION? Ja, richtig gelesen: Die sitzen in unmittelbarer Nachbarschaft zu SQlab – also haben wir die Trailsurfer kurzerhand ebenfalls besucht. Und waren nach einem langen Arbeitstag gemeinsam mit SQlab und ION auf dem Rad unterwegs. Zwar nur kurz – der Winter hatte den Wald vielerorts mit ordentlich viel Schnee und Eis noch fest im Griff – aber immerhin.
Griff ist in diesem Zusammenhang aber die passende Überleitung… Um Fahrradgriffe geht es – unter anderem – bei SQlab: Das 2003 von Toby Hild gegründete Unternehmen gilt als ausgewiesener Spezialist für sämtliche Kontaktpunkte zum Rad. Und überall dort, wo Fahrer und Bike in Verbindung stehen, spielt Ergonomie eine wichtige Rolle. Folglich fließt in die Entwicklung der Produkte – das SQlab-Sortiment umfasst Griffe, Lenker, Vorbauten, Sättel und Sitzpolster sowie Pedale und Schuheinlegesohlen – sehr viel praktisches wie auch medizinisches Wissen ein.
Der SQlab-Chef war jahrelang Testfahrer beim Bike-Magazin. Mit einem starken Faible für den Downhill-Sport.
Den Anfang der Firma SQlab markierte damals eine Wirbelsäulenverletzung, die Toby vom Motocross davongetragen hatte: Die damit einhergehenden Beschwerden und Blockaden veranlassten ihn dazu, sich mit dem Thema Ergonomie auf dem Mountainbike auseinanderzusetzen. Denn Toby wollte schlicht wieder aufs Rad. Und das funktionierte ohne Modifikationen an Sattel, Lenker, Vorbau nicht. Kurzerhand begann er gemeinsam mit einem befreundeten Arzt, dem Urologen Dr. Stefan Staudte, zunächst die Sattelentwicklung mit der für SQlab charakteristischen Erhöhung für die Sitzknochen voranzutreiben. Natürlich hatte der Urologe mit der Wirbelsäulenverletzung wenig zu tun, aber: 1997 veröffentlichte das Bike Magazin eine Titelstory über Impotenz unter Mountainbikern, verfasst vom ausgewiesenen Experten Dr. Goldstein – und natürlich wirkte das als Katalysator für die Idee, den empfindlichen Dammbereich als Hauptauflagefläche auf dem Sattel zu entlasten. Erste Erfahrungswerte in der Hinsicht auf eine neuartige Sattelformgebung lagen der jungen Firma damals bereits vor: Schon 1992 gründete Toby Hild die auf den Downhill-Sport fokussierte Marke Amazing Toys und bastelte 1994 den ersten Sattelprototypen mit Stufe. Nun, die Nähe zum Motocross ließ sich mit diesem Werk keinesfalls leugnen, dennoch entwickelte SQlab die damals aufgegriffenen Ideen zugunsten einer ergonomischen Sattelform und mit dem Ziel der Beschwerdefreiheit (am Sattel) konstant weiter.
Der erste Marketing-Slogan „Gesund Radfahren ohne Schmerzen“ zog prompt einen Anwaltsbrief nach sich – und SQlab musste die ersten Sättel 2003 ohne Verpackung ausliefern, da sonst ein Rechtsstreit gedroht hätte. Das vermochte den Erfolg jedoch nicht zu bremsen und die Kombination aus Stufensattel mit Entlastungsmulde, Sitzknochenvermessung und gemäß Sitzknochenabstand und Einsatzbereich gewählte Sattelbreite bilden heute das Rückgrat der Firma SQlab. Übrigens ist das Thema jener Radfahrer, die keinen Sattel mit spezieller Entlastung des Dammbereichs verwenden zwischenzeitlich Daily Business für Urologen – und SQlab griff das Thema jüngst mit einer selbstbewussten Kampagne mit dem Titel „Taube Nudel“ auf. Kleiner Exkurs in diesem Zusammenhang: Auch Rockgrößen wie Tim Commerford, Bassist bei Rage Against the Machine, und Taylor Hawkins von den Foo Fighters, beide passionierte Mountainbiker schwören auf die Sättel von SQlab. Von wegen Sex, Drugs, Rock’n’Roll, you know?
Nach Tobys Aussage kommt die SQlab-typische Sattelform durch die aktuellen Entwicklungen bei den Rahmengeometrien im Mountainbike-Bereich noch besser zum Tragen: Sättel der Marke SQlab wurden durch die relativ weit hinten angeordnete Sitzfläche tendenziell schon immer weiter vorne montiert. Das wird nun durch die zunehmend steileren Sitzwinkel sogar unterstützt und die Sitzposition wird nicht nur aus biomechanischer, sondern auch ergonomischer Sicht besser. Den richtigen Sattel natürlich vorausgesetzt. Und auch die Fahrtechnik auf dem E-MTB profitiert vom Stufendesign: Gerade bei steilen Bergauffahrten stützt der Sattel den Piloten des E-Bike nach hinten ab, er rutscht nicht vom Sattel nach hinten und kann zudem durch den Gegenhalt mit voller Kraft in die Pedale treten.
Downhill forever: Toby demonstriert am ersten Prototypen, was er sich einst zur perfekten Sattelform für Auf- und Abfahrt dachte...