"Ein Rad ist bei uns absolut lebensverändernd."
Räder bewegen was. Das hat uns Brian Moonga, Country Manager der World Bicycle Relief in Sambia, vor Augen geführt: 1144 Fahrradmechaniker haben er und sein Team ausgebildet.
bike-components beteiligt sich regelmässig, wenn die Redaktion von MTB-News.de zur Adventszeit für die Organisation World Bicycle Relief sammelt – und zwar von Industrie und Lesern. Wir spenden Produkte (oder in unserem Fall Gutscheine), die dann wiederum unter den Spendern verlost werden. Bei seinem Besuch in Europa haben wir Brian Moonga getroffen, Sambias Country Director für World Bicycle Relief. Er erzählt uns, was mit dem Geld ins Rollen gebracht wird.
Brian, kannst Du uns kurz World Bicycle Relief vorstellen?
Kurz? Nur schwer, aber ich versuche es: World Bicycle Relief wurde von SRAM Mit-Gründer F.K. Day ins Leben gerufen. Wir bauen in Afrika unsere Buffalo Bikes – büffelstarke Transportbikes – die dann an ausgewählte SchülerInnen, Krankenschwestern oder Handwerker verteilt werden.
Und das in nicht zu kleinem Stil.
Ja, genau. Es sind Hunderte von Bikes, die wir in einer Region verteilen. Zudem bilden wir Mechaniker aus. 1.144 haben wir bisher allein in meinem Heimatland Sambia angelernt. Außerdem sind unsere Räder mittlerweile wegen ihrer Robustheit so beliebt, dass wir sie auch verkaufen. Von diesem Geld werden dann wir Angestellte finanziert. Eure Spenden werden also direkt in Räder umgewandelt. 134 Euro bedeuten ein Buffalo Bike – und somit mindestens ein Leben, das sich komplett wandelt: Die oft enormen Distanzen zur Schule, auf den Markt, ins Krankenhaus werden enorm verkürzt. Aber es sind noch zig weitere Veränderungen, die ein Rad bewegen kann.
Der vielleicht wichtigste Teil der Arbeit der World Bicycle Relief ist die Ausbildung von Mechanikern.
Das Gesicht der World Bicycle Relief in Sambia, Brian Moonga
20.000 Buffalo Bikes in 2018
Wie bist Du selbst zur Organisation gekommen?
Ich bin auf einem kleinen Dorf aufgewachsen – ohne Elektrizität, ohne alles. Das war hart. Jeden Morgen mussten wir zweimal zum Brunnen laufen, 40 l Wasser holen und sie den Berg hochschieben. In der Schule war ich dann immer total kaputt. Ich wollte ein besseres Leben, das war mein Ziel. Also war ich fleißig, schaffte es in die Schule nach Livingstone, studierte Marketing und kam schließlich 2011 zu World Bicycle Relief. Seitdem habe ich den schönsten Job der Welt.
Weil Du Freude bringen kannst?
Ja, es ist einfach unglaublich, was ein Rad für die Menschen bedeutet. Es verändert ihr Leben um 360 Grad. Es macht es oft erst möglich, die Ausbildung weiter zu führen. Ich habe gerade Zahlen von einer Schule bekommen, wo die Abschlussrate bei Mädchen innerhalb von zwei Jahren von 15% auf 50% gestiegen ist. Meine Frau hat mal einen Jungen entdeckt, der im Baum schlief, weil er Sorge hatte, zu spät zum Unterricht zu kommen. Ein Rad ist bei uns absolut lebensverändernd. Es ist für die Kinder und ihre Familien so wertvoll wie in anderen Regionen der Welt ein Land Rover.
Verändert Leben: das Buffalo-Bike.
Wie viele Räder hast Du inzwischen verteilt?
Allein in unserem Education Programm 62.000. Verkauft haben wir 2018 20.000 Buffalo Bikes. 2011 waren es noch 2.000. Es ist unglaublich zu sehen, wie wir uns entwickeln. Aber in Sambia gibt es 3 Millionen Kinder. Es gibt also noch viel zu tun.
Was ist für Dich die größte Herausforderung?
Puh. Es ist immer hart in die Augen der Kinder zu blicken, die nicht ausgewählt wurden. Es tut weh und ist Ansporn zugleich. Auch die Aufklärung generell. Die Eltern davon zu überzeugen, dass Bildung entscheidend ist. Sie öffnet die Augen, bereichert und bringt Chancen, Dinge zu verändern – für sich und für viele andere auch. Ich war einmal im World Bicycle Relief-T-Shirt in einem großen Shop einkaufen, als mich eine Frau ansprach. Sie war kurz davor, die Schule abzubrechen, als sie von uns ein Rad bekam. Heute managed sie das Geschäft.
Ein Fahrrad ist nicht nur Fortbewegungsmittel: Es rückt Schulbildung in Reichweite, wenn der Schulweg zu weit zum Laufen ist.
Mediziner gelangen einfacher und schneller zu ihren Patienten – und umgekehrt.
Taugt auch als Lastenrad – und das sichert Arbeit in der heimischen Wirtschaft und ein Einkommen für die Familie.
Deine Wünsche für die nächste Zukunft?
…sind zahlreich. So wie unsere Projekte. Wir arbeiten inzwischen mit einigen anderen NGOs zusammen, die sich in Sachen nachhaltiger Landwirtschaft, Wasserversorgung, Prävention, Gesundheit oder Bildung engagieren. Auch sie sind auf Buffalo Bikes unterwegs. Die Regierung fördert uns sehr, baut für uns Bürokratie ab und zeigt Präsenz. All das, was ins Rollen gekommen ist, wird weiter Fahrt aufnehmen. Und Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie viel davon von Euch bewegt wird.
Mehr über die World Bicycle Relief gibt es hier: https://worldbicyclerelief.org/de/
