Rennradhelme

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Rennradfahrer allenfalls mit Stoffkappen unterwegs, und das auch nur, um ihre Köpfe vor der Sonneneinstrahlung zu schützen. Ab den 50er-Jahren fuhren Radsportler teilweise mit Sturzringen, und erst 2003 führte die UCI bei Profirennen eine Helmpflicht ein. Hier weiter lesen
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Aus welchem Material besteht ein Rennradhelm?

Die länglich-braunen Lederwulste der alten Sturzkappen sind aus guten Gründen längst passé. Mittlerweile bestehen Rennradhelme aus einer Außenschale aus besonders leichtem und robustem (Poly-)Carbon. Für den inneren Teil der Schale wird EPS („expandiertes Polystyrol“) verwendet, das ebenfalls sehr leicht ist und viel Energie aufnehmen kann. Diese Innenschicht wird mit der Außenschale entweder verklebt oder beide Komponenten werden für eine vollständige und sehr stabile Verbindung im so genannten In-Mold-Verfahren miteinander verschweißt. Letzteres gibt dem Helm im Fall eines Sturzes noch mehr Stabilität.

Sicherheit: Von Helm-Normen bis MIPS

Um einen Fahrradhelm überhaupt auf den Markt bringen zu dürfen, muss er mindestens der Euro-Norm (EN) 1078 bzw. 1080 entsprechen. Dafür werden zum Beispiel Stürze aus einer bestimmten Höhe und auf verschiedene Untergründe simuliert. Schützt der Helm den Kopf gemäß der Normen, erhält er das CE-Kennzeichen. Für Europa sind alle anderen Normen Ergänzungen, aber kein Ersatz. Um den Kopf der Radfahrer über die Norm hinaus optimal zu schützen, gibt es verschiedene Konstruktionen und Technologien, die von den Helmherstellern entwickelt werden. Ein System, das in den vergangenen Jahren viele überzeugt hat, ist das in Schweden entwickelte MIPS-System. Die Abkürzung steht für „Multi-directional Impact Protection System“. Dabei erhalten Helme einen zusätzlichen, reibungsarmen Layer, schwimmend zwischen Außenschale und Innenpolster. Er kann sich beim Aufprall in der Helmschale verschieben und so die beim Sturz auftretende Rotationskräfte absorbieren und vom Gehirn fernhalten, wodurch Gehirnerschütterungen oder Gehirnschädigungen reduziert werden können. Mittlerweile nutzen viele namhafte Hersteller, z. B. Giro, Bell oder Specialized, die MIPS-Technologie für einen Teil ihrer Modelle.

Update: Der belgische Helm-Spezialist Lazer setzt bei seinen Top-Modellen auf die eigens entwickelte KinetiCore Helm-Technologie, um Rotationskräfte, die bei einem Sturz auf den Kopf auftreten, zu minimieren. Die voll in die Helmschale integrierte Technologie basiert auf strategisch platzierten Knautschzonen, die mithilfe von EPS-Schaumstoffblöcken in den Helm implementiert wurden. Beim Aufprall verformen sich die Knautschzonen und leiten die auftretende kinetische Energie vom Kopf weg. Das Beste: KinetiCore schützt nicht nur sehr effektiv Deinen Kopf, sondern sorgt zusätzlich für eine bessere Belüftung, ist leichter und benötigt weniger Plastik als die Vorgängermodelle.  

Leicht, leichter, Rennradhelm

Neben dem wohl wichtigsten Aspekt, der Sicherheit, spielt für viele Rennradfahrer ein möglichst niedriges Gewicht ihres Helms eine große Rolle. „Leicht“ bedeutet in diesem Fall meist bis oder um 300 Gramm. Je länger Du unterwegs bist, desto mehr sorgt ein leichter Rennradhelm für Komfort. Dein Kopf hat mehr Bewegungsfreiheit und kein Extra-Gewicht lastet auf Deinem in der sportlichen Sitzposition ohnehin geforderten Nacken. Im besten Fall spürst Du kaum, dass Du einen Helm trägst – und kommst gar nicht in Versuchung, ihn aus Bequemlichkeit zu Hause zu lassen. Im Unterschied zu Helmen für Mountainbiker wirken Rennradhelme weniger wuchtig, sind deutlich leichter und umschließen auch nicht den Hinterkopf und die Schläfen. Grund dafür ist die stärker geneigte Sitzposition, die mehr Bewegungsfreiheit im Nacken erfordert. Der Schwerpunkt der Schutzwirkung liegt beim Rennradhelm auf Stirn und Vorderkopf.

Am Rennradhelm auf gute Belüftung achten

Neben dem geringen Gewicht trägt auch eine gute Belüftung dazu bei, dass Du Deine optimale Leistung entfalten kannst und nicht mit schweißnassem Kopf von Deinen Touren zurückkommst oder den Helm bei Hitzetagen nicht aufsetzt. Die Lüftungsschlitze am Helm sorgen für die Frischluftzufuhr, und zusätzlich finden sich im Inneren des Helms „Windkanäle“, die die Luft um den Kopf herumleiten. So behältst Du auch einen kühlen Kopf, wenn es anstrengend und warm ist. Die Anzahl der Belüftungsöffnungen reicht dabei von durchschnittlich 15 bis hin zu Modellen, die 30 und mehr Öffnungen besitzen, um eine optimale Thermokühlleistung zu erzielen. Auch das Innenpolster der Helme trägt zum temperierten Tragekomfort bei: sie leiten die Feuchtigkeit nach außen, trocknen besonders schnell und hemmen die Geruchsbildung. Doch nicht nur die nackte Zahl entscheidet – manche Hersteller konstruieren die Belüftung so geschickt, dass sie mit wenigen strategisch positionierten Luftkanälen den Fahrtwind an den ganzen Kopf bringen, ohne die Helm-Oberfläche zu durchlöchern – das hat aerodynamische Vorteile.

Aerodynamik: die Form eines Rennradhelms

Beim Rennradfahren spielt die Aerodynamik eine große Rolle. Bei Geschwindigkeiten ab ca. 15 bis 20 km/h ist die Luftreibung der größte Fahrwiderstand – und steigt, anders als Rollwiderstand oder Reibungsverlust im Antrieb, exponentiell zur gefahrenen Geschwindigkeit. Darum fallen Rennradhelme typischerweise hinten stark nach unten ab, um Luftverwirbelungen zu reduzieren. Manche Hersteller bieten ein spezielles Cover an, das über den Helm gezogen werden kann und die Aerodynamik verbessert, indem es Lüftungslöcher verschließt. Andere haben ein Design entwickelt, das die Windangriffsfläche unabhängig von der Kopfneigung reduziert.

Der Zeitfahrhelm: Noch mehr Aerodynamik

Wenn Du Triathlet bist oder an Zeitfahrrennen teilnimmst, rückt die Aerodynamik besonders in den Fokus – Stellschrauben sind dann neben dem richtigen Rennrad und einer aerodynamischen Sitzposition speziell geformte Helme : Sie sind extrem leicht, laufen im Nacken tropfenförmig zu und leiten den Fahrtwind so am Heck nach hinten ab. Besonders große Belüftungsschlitze sorgen für den kühlen Luftzug am Kopf und ein Vollvisier bietet ebenfalls bessere Aerodynamik als eine normale Rennradbrille.

Visiere und Brillen für Rennradhelme

Das Plus an Aerodynamik sowie den Schutz vor Fahrtwind und Insekten dank Visier (nicht zu verwechseln mit dem fälschlich oft „Visier“ genannten Schild an MTB-Helmen) nutzen einige Hersteller auch für Modelle, die keine ausgewiesenen Zeitfahrhelme sind. So verfügen manche Rennradhelme über ein abnehmbares, magnetisches Visier . Andere Hersteller statten ihre Helme mit einer Halterung für die Brille aus – meist einem gummierten Einsatz in den äußeren Belüftungsschlitzen, der die Brille fest an ihrem Platz hält, wenn sie nicht gebraucht wird.

Rennradhelme für Männer, Frauen und Zöpfe

Rennradhelme sind fast immer als Unisex-Modelle ausgelegt und unterscheiden sich lediglich in den Größen – denn auf den Kopfumfang, also die richtige Passform – kommt es bei der Wahl des richtigen Helms an. Die kleinsten Größen beginnen in der Regel ab 48 Zentimeter Kopfumfang und sind dann natürlich auch mit etwa 220 Gramm besonders leicht. Einige Helme sind explizit als „Damen-Modell“ ausgewiesen, und sind ab einem kleinen Kopfumfang erhältlich, heben sich aber sonst lediglich durch ein Design ab, das Frauen ansprechen soll. Frisurabhängig weisen viele Hersteller darauf hin, dass ihre Helme „Ponytail-Kompatibilität“ besitzen, sprich: dass der Helm aufgrund seiner Einstell-Konstruktion am Hinterkopf gut für Zopf oder Pferdeschwanz geeignet ist. Dazu zählen beispielsweise Helme von Abus oder Lazer.

Welchen Helm fürs Gravelbiken wählen?

Wenn Du gern mit Deinem Gravelbike Touren unternimmst, legst Du weniger Wert auf Geschwindigkeit und bist oft abseits der asphaltierten Straßen auf Wald- und Feldwegen unterwegs. Das bedeutet, dass Du den Faktor Aerodynamik bei der Helmwahl eher vernachlässigen kannst. Ideal sind Helme, die ein geringes Gewicht, einen guten Rundumschutz bei gleichzeitig gutem Tragekomfort bieten . Grundsätzlich gilt, dass Du jeden Rennrad- oder auch Mountainbike-Helm zum Graveln nutzen kannst. Bei Letzteren ist es wichtig, dass der Schild Dein Blickfeld nicht einschränken darf. Hauptsache, der Helm ermöglicht Dir optimale Bewegungsfreiheit und besitzt die für Dich richtige Passform.


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